NSU-Prozess in München:Zeugin will Zschäpe vor Mord gesehen haben

NSU Prozess

Beate Zschäpe im Gerichtssaal in München. Eine Zeugin will sie vor dem Mord in Nürnberg gesehen haben.

(Foto: dpa)

Die Angeklagte im NSU-Prozess habe sie an eine Schauspielerin erinnert: Eine Zeugin will Beate Zschäpe beim Einkaufen in Nürnberg gesehen haben - kurz vor dem Mord an einem Dönerbuden-Betreiber und in unmittelbarer Nähe zum Tatort. Doch vor Gericht fällt es der Frau schwer, sich an Details zu erinnern.

Aus dem Gericht von Tanjev Schultz

Wer weiß schon noch genau, was er mal vor acht Jahren alles gesehen hat beim Einkaufen? Für die Zeugin Andrea C., die am Dienstag im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht in München aussagt, ist es schwer, sich noch an Details zu erinnern. Als ihr ihre Beschreibungen aus einer alten Vernehmung vorgelesen werden, sagt sie, dass sei alles sehr lange her. "Es ist, als wenn es nicht meine Aussage ist, Herr Richter." Aber eine Erinnerung hat sie noch, und die ist brisant: Die Zeugin glaubt, Beate Zschäpe in Nürnberg, kurz vor dem Mord an dem Dönerbuden-Betreiber Ismail Yasar am 9. Juni 2005, beim Einkaufen in einem Supermarkt gesehen zu haben.

Zschäpe soll direkt vor ihr an der Kasse gestanden haben. Damals kannte Andrea C. weder Zschäpe noch deren Namen. Die Frau sei ihr aber aufgefallen, weil sie sie an die Schauspielerin Sara Gilbert aus der Fernsehserie "Roseanne" erinnert habe. Später, als im November 2011 der NSU entdeckt wurde und Zschäpes Fahndungsbilder in den Medien auftauchten, will sich die Zeugin an die Begegnung erinnert haben.

Wie Zschäpe hat die Schauspielerin recht dunkle lange Haare, eine gewisse Ähnlichkeit gibt es, zumindest bei einigen alten Aufnahmen, die im Gericht gezeigt werden. Die Zeugin sagt, sie sei sich natürlich nicht hundertprozentig sicher, dass es sich um Zschäpe handelte. Sie habe sich aber sofort an die Szene beim Einkaufen erinnert, als sie die Fahndungsbilder sah. Der Supermarkt liegt in unmittelbarer Nähe zum Tatort.

Die Zeugin berichtet zudem von zwei Fahrradfahrern, die sie damals in direkter Nähe des Dönerstands gesehen hat. Das stimmt überein mit den Aussagen anderer Zeugen. Die Anklage geht davon aus, dass die Radler Zschäpes Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren.

Fraglich ist aber, ob das Gericht mit den Aussagen zur angeblichen Anwesenheit Zschäpes am Tatort am Ende viel anfangen kann. So sagte die Zeugin bei der Polizei noch, zumindest laut dem Protokoll einer Befragung, die Frau in dem Supermarkt habe eine Brille getragen. Vor Gericht sagt sie nun, sie wisse nicht mehr, ob dies so war. Auch sonst kann sie die Frau nicht mehr in Details beschreiben, was nach der langen Zeit wenig verwunderlich ist.

Vor Kurzem war bereits eine andere Zeugin vor Gericht aufgetreten mit Erinnerungen an eine Jahre zurückliegende Begegnung, die sie mittlerweile so deutet, dass es sich um Zschäpe gehandelt habe. Das war in Dortmund, in zeitlicher Nähe zu einem weiteren NSU-Mord.

Die Anklage gegen Zschäpe steht und fällt aber nicht mit dem Nachweis, dass sie am Tatort war. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft an zehn Morden vor, weil sie die Taten gemeinsam mit Mundlos und Böhnhardt geplant und den NSU getarnt habe.

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