NSU-Prozess in München:"Sie war auf gleicher Höhe"

Beate Zschäpe war nach Aussagen des Mitangeklagten Holger G. ein gleichberechtigtes Mitglied des NSU. Sie sei "durchsetzungsstark" und "kein Typ, der sich unterordnen" würde. Zudem sei die Hauptangeklagte im NSU-Prozess durchaus gewaltbereit gewesen.

Aus dem Gericht berichtet Annette Ramelsberger

Beate Zschäpe war nach Aussagen des Mitangeklagten und langjährigen NSU-Vertrauten Holger G. ein gleichberechtigtes Mitglied der Terror-Vereinigung. Alle Entscheidungen des Trios seien immer im Beisein von Zschäpe getroffen worden. Sie sei "durchsetzungsstark" und "kein Typ, der sich unterordnen" würde. "Sie war auf gleicher Höhe mit den anderen."

Holger G.s Aussagen wurden durch einen Polizeibeamten bekannt, der ihn fünfmal vernommen hatte und am Dienstag vor dem Oberlandesgericht in München im NSU-Prozess aussagte. Holger G. selbst hatte zu Beginn des Prozesses nur eine Erklärung verlesen.

Holger G. erklärte demnach, Zschäpe habe die Finanzen der Gruppe im Griff gehabt und Urlaube und Restaurantbesuche gezahlt. Zudem sei die Hauptangeklagte im NSU-Prozess durchaus gewaltbereit gewesen. Als Beispiel dafür nannte Holger G. einen Vorfall in einem Bus. Da habe Zschäpe "einer Punkerin eine reingehauen, weil die blöd geguckt habe".

Holger G. berichtete auch, dass Zschäpe eine Freundin im Untergrund gefunden habe, darüber sei sie sehr glücklich gewesen. Mit ihr habe sie endlich über Frauensachen quatschen können.

Benefizkonzerte für den NSU

Der NSU soll sowohl Holger G. als auch dem früheren NPD-Funktionär Ralf Wohlleben je 10.000 Mark zu treuen Händen übergeben haben. Zunächst hatte Wohlleben dem Trio Waffen und Geld zukommen lassen, später, als er Karriere in der NPD machte, habe er nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen. Darüber hätten sich die drei auch bei ihm beschwert, sagte Holger G..

Sie seien von Wohlleben enttäuscht gewesen - da dieser noch immer die 10.000 Mark hatte. Als Holger G. ihn dann darauf ansprach, habe Wohlleben nur gesagt: "Lass' mich mit dem Scheiß in Ruhe."

Anfangs hatten Holger G. und Wohlleben noch für die NSU-Mitglieder im Untergrund getrommelt. Sie organisierten auch Benefizkonzerte und "Balladen-Abende", um Geld für die drei einzunehmen.

Holger G. belastet Wohlleben

Zudem hat Holger G. Wohlleben in seinen Vernehmungen schwer belastet. So soll Wohlleben zumindest grob gewusst haben, dass der NSU Straftaten beging und ihm dennoch Waffen geliefert haben. Der Polizist hatte Holger G., der dem Trio im Auftrag Wohllebens eine Waffe überbracht hatte, auch gefragt, ob er nicht wissen wollte, woher die Waffe stammte und wofür sie benutzt werden sollte.

Holger G. sagte, er habe mehrmals mit Wohlleben über die Waffe geredet. Aber der habe ihm gesagt: "Es ist besser, wenn du nicht weißt, wofür die die Waffe brauchen. Frage nicht weiter nach!" Der Polizist sagte: "Das müsste für G. ja ein Zeichen gewesen sein, dass das nicht so harmlos gewesen ist, was er da gemacht hat."

Holger G. hatte erklärt, er habe dem NSU nur aus alter Freundschaft geholfen und ihnen seinen Reisepass und Führerschein überlassen. Die Waffe sei ihm von Wohlleben unbemerkt in die Reisetasche gesteckt worden. Dann habe er nicht mehr gewusst, wie er sie loswerden sollte.

Er habe die Waffe dann Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe überbracht und gesagt: "Nie wieder. Ich will damit nichts zu tun haben. So einen Scheiß mach' ich nicht noch mal, das ist das letzte Mal." Einer der Uwes lud die Waffe im Beisein von Zschäpe durch. So erkannte Holger G., dass er eine scharfe Waffe übergeben hatte.

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