NSU-Prozess in München:Sie müssen leider draußen bleiben

Die Vertreter des türkischen Staates haben ein berechtigtes Interesse, die Verhandlung gegen den rechtsradikalen NSU live zu verfolgen. Doch das Gericht ist in einer Zwickmühle: Macht es im viel zu kleinen Saal eine Ausnahme, gibt es kein Halten mehr - die bayerische Justiz hätte das verhindern müssen.

Ein Kommentar von Annette Ramelsberger

Acht der zehn Opfer der NSU-Bande stammen aus der Türkei. Die Vertreter des türkischen Staats haben deshalb ein berechtigtes Interesse daran zu verfolgen, wie das Gericht in München gegen die rechtsradikale Terrororganisation verhandelt.

Und natürlich ist ihr Unmut verständlich, darüber, dass das Gericht den Wunsch nach reservierten Plätzen für den türkischen Botschafter und andere Würdenträger zurückgewiesen hat. Das Argument "zu wenig Platz" klingt lächerlich angesichts der Größe des Schuldvorwurfs und des Versagens der deutschen Behörden.

Politischer Anspruch und juristische Regeln prallen aufeinander

Doch das Gericht ist in einer Zwickmühle. Es wird überschwemmt von Wünschen nach Zutritt zum viel zu kleinen Sitzungssaal. Macht es eine Ausnahme, gibt es kein Halten mehr. Das Gericht kann kaum anders handeln, politischer Anspruch und juristische Regeln prallen aufeinander. Für die Richter zählt vor allem, den Mammutprozess ordnungsgemäß und revisionsfest über die Bühne zu bringen. Für die Politik aber gilt es, Zeichen zu setzen, Transparenz zu garantieren.

Die bayerische Justiz hat diese Probleme sehenden Auges auf sich zukommen lassen. Sie hat die Bedeutung des Prozesses unterschätzt und es versäumt, ernsthaft nach geeigneten größeren Ausweichquartieren Ausschau zu halten. Nun wird es stickig - nicht nur im Saal, auch im Verhältnis zur Türkei. Das hätte die Justiz verhindern müssen.

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