NSU-Prozess:Des Mordes schuldig

  • Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte wurden vor dem Oberlandesgericht München wegen Verstrickung in die NSU-Morde schuldig gesprochen.
  • Die rechtsterroristische Vereinigung NSU hatte zehn Menschen ermordet, zwei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle verübt.
  • Der angeklagte Neonazi André Eminger erhielt eine Freiheitsstrafe von lediglich zweieinhalb Jahren und kam unmittelbar nach der Urteilsbegründung aus der Untersuchungshaft frei.

Das Oberlandesgericht München hat Beate Zschäpe für schuldig erklärt. Wegen zehnfachen Mordes bekommt sie eine lebenslange Haftstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte für die Hauptangeklagte Zschäpe auf lebenslange Haft plädiert, mit anschließender Sicherungsverwahrung, wenn ihre Strafe später zur Bewährung ausgesetzt wird. Das ist bei lebenslanger Haft üblicherweise nach 15 Jahren der Fall. Obwohl das Gericht auf die Sicherungsverwahrung verzichtete, könnte Zschäpe deutlich länger als 15 Jahre im Gefängnis bleiben - das ermöglicht die "besondere Schwere der Schuld", die die Richter festgestellt haben. Ihre Verteidiger hatte eine sofortige Freilassung gefordert.

Die vier Mitangeklagten Zschäpes wurden ebenfalls für schuldig befunden. Die Urteile im Überblick:

  • Ralf Wohlleben wurde wegen Beihilfe zum Mord zu zehn Jahren Haft verurteilt. Der ehemalige NPD-Funktionär soll den NSU-Terroristen die Česká-Pistole beschafft haben, mit der sie neun Menschen ermordet hatten. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft für Wohlleben gefordert.
  • André Eminger wurde wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Am Ende der Urteilsbegründung hob das Gericht den Haftbefehl gegen den Neonazi auf, er wird damit aus der Untersuchungshaft entlassen. Eine Gruppe Rechtsextremer, die als Zuschauer im Saal waren, reagierte darauf mit Applaus. André Eminger soll dem NSU-Trio geholfen haben, unerkannt im Untergrund zu bleiben. Die Staatsanwaltschaft hatte gefordert, ihn wegen Beihilfe zum Mord zu zwölf Jahren Haft zu verurteilen.
  • Carsten Schultze wurde vom Gericht wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt. Er hatte gestanden, dem NSU die Pistole übergeben zu haben. Vor Gericht hatte Schultze ausgesagt und Reue gezeigt. Er wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt, da er zum Zeitpunkt der Tat noch ein Heranwachsender war.
  • Holger Gerlach wurde wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu drei Jahren Haft verurteilt. Er hatte zugegeben, dem NSU-Trio eine Waffe ausgehändigt und ihnen mit falschen Papieren geholfen zu haben. Die Staatsanwälte hatten fünf Jahre Haft gefordert.
NSU Neo-Nazi Murder Trial Reaches Verdict

Ralf Wohlleben - schwarz gekleidet - am Tag der Urteilsverkündung

(Foto: Getty Images)

Der selbsternannte "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) hatte zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin ermordet. Polizei und Verfassungsschutz konnten die Mordserie jahrelang nicht aufklären. Erst als die beiden Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im November 2011 tot in einem ausgebrannten Wohnmobil aufgefunden wurden, erfuhr die Öffentlichkeit von der Existenz des NSU und dem rechtsextremen Hintergrund der Verbrechen. Mundlos und Böhnhardt hatten zuvor eine Sparkasse überfallen und waren geflohen. Nach Ansicht der Ermittler töteten sie sich selbst, weil sie befürchteten, entdeckt zu werden. Am gleichen Tag kam es in der Wohnung der beiden in Zwickau zu einer Explosion mit anschließendem Brand. Das Feuer hatte Beate Zschäpe gelegt, die jahrelang mit den beiden Mördern im Untergrund lebte.

Der Prozess war auch von den Angehörigen der NSU-Opfer intensiv verfolgt worden, von denen viele als Nebenkläger auftraten. Insgesamt wurden mehr als 600 Zeugen in dem Prozess angehört, der zu den längsten der deutschen Rechtsgeschichte zählt. Der Prozessverlauf war immer wieder durch Befangenheitsanträge der Verteidigung verzögert worden.

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