NSU-Prozess:Zschäpe muss ihre Verteidiger wohl behalten

Laut Medienberichten hat das Oberlandesgericht München entschieden, dass Beate Zschäpe ihre Anwälte behalten muss. Der NSU-Prozess wird wohl weitergehen - ohne dass es auch nur eine kleine Erschütterung geben wird.

Von Annette Ramelsberger

Es gibt Stürme, die wie ein laues Lüftchen beginnen und dann zum Hurrikan werden. So erging es dem Oberlandesgericht München am Anfang des NSU-Prozesses mit der Zulassung von Zuschauern und Journalisten. Das wirkte zu Beginn wie eine Petitesse und musste am Ende vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden - mit dem Ergebnis, dass das Gericht wochenlang in der Kritik stand.

Es geht aber auch andersherum. Ein angekündigter Hurrikan kann sich plötzlich in einen kaum spürbaren Luftzug verwandeln. Alle warten auf Donner und Blitz, doch nichts geschieht. So verhält es sich nun offenbar im Fall von Beate Zschäpe, die ihren drei Verteidigern vergangene Woche das Vertrauen entzogen hat.

Laut Medienberichten hat das Gericht bereits am Montag entschieden, dass Zschäpe ihre Anwälte behalten muss. Der NSU-Prozess wird weitergehen, ohne dass es auch nur eine kleine Erschütterung geben wird. Von einem Platzen des Prozesses kann und konnte nie die Rede sein. Nur ein wenig später als geplant wird die Verhandlung am Dienstag beginnen, das hat das Gericht den Prozessbeteiligten mitgeteilt.

Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe hatte am vergangenen Mittwoch überraschend über einen Justizwachtmeister mitgeteilt, sie habe kein Vertrauen mehr in ihre Anwälte. Das Gericht gab ihr bis Freitag Zeit, diesen Vorwurf zu begründen. Zschäpe hat in ihrer kursorischen, unpräzisen Erklärung angegeben, sie könne aus ihrer laienhaften Sicht natürlich keine fachliche Kritik an ihren Verteidigern äußern.

Sie monierte vor allem, dass ihre Anwälte nicht all die Fragen an die Zeugen stellten, die ihr selbst vorschwebten. Doch welche Fragen juristisch Sinn ergeben und welche nicht, ist Laien oft schwer verständlich. Entzündet hatte sich ihr Unmut offenbar an der Befragung des Zeugen Tino Brandt, der vergangene Woche befragt wurde: Er ist ein Mann, der den rechtsextremen Thüringer Heimatschutz gegründet hatte, aus dem später der NSU hervorging. Zschäpe mochte Tino Brandt nie, er selbst bezeichnete sie als Freundin und Kameradin. Brandt selbst wurde später als Spitzel des Thüringer Verfassungsschutzes enttarnt.

Verteidiger wollen offenbar nicht Stellung nehmen

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sieht auch die Bundesanwaltschaft die Argumente Zschäpes als bei weitem nicht ausreichend an, um ihre Verteidiger loszuwerden. Das Gericht hatte die Ankläger und die Verteidiger dazu aufgefordert , zu Zschäpes Erklärung eine Stellungnahme abzugeben. Diese Stellungnahmen wurden am Montag abgegeben. Die Bundesanwaltschaft hält demnach die Unmutsäußerungen von Beate Zschäpe für rechtlich unbeachtlich und ihre Kritik an ihren drei Verteidigern für ungeeignet.

Die Verteidigung hat nach Informationen der SZ erklärt, sie wolle nicht Stellung nehmen. Offensichtlich wollen die Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm durch eine inhaltliche Erklärung nicht gegen ihre Verschwiegenheitsverpflichtung verstoßen, die sie als Anwälte gegenüber ihrer Mandantin haben.

Doch man konnte sich nur schwerlich vorstellen, dass Richter Manfred Götzl dem Wunsch Zschäpes nachkommt und ihr andere Verteidiger an die Seite stellt. Dafür müssen schon gewichtige Gründe angegeben werden und nicht nur ihr Bauchgefühl, dass es gerade nicht so gut läuft mit den Anwälten.

Mehrere Medien berichteten dann auch am Montagabend, dass Zschäpe mit ihren Verteidigern wird leben müsen - auf engstem Raum, die Anwälte und sie sitzen Stuhl an Stuhl im Gerichtssaal. Bisher haben sie sich auch die Pfefferminzbonbons geteilt. Das könnte sich ändern, sonst aber nicht sehr viel.

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