NSU-Prozess:Die Richter im NSU-Prozess haben sich längst eine Meinung gebildet

NSU-Prozess

Das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl (zweiter von rechts) im NSU-Prozess im Münchner Oberlandesgericht.

(Foto: dpa)

Schon lange geht der Erkenntnisgewinn bei der Verhandlung gegen Beate Zschäpe gegen Null. Das vergangene Jahr diente einem anderen Zweck.

Kommentar von Annette Ramelsberger

326 Tage lang hat das Gericht bisher getagt. 326 Tage, an denen Hunderte von Zeugen und Dutzende von Sachverständigen gehört wurden. Und in denen das Gericht immer wieder darauf gewartet hat, doch noch etwas Erhellendes von der Hauptangeklagten Beate Zschäpe dazu zu erfahren, warum ihre Gefährten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zehn Menschen erschossen haben. Nun hat das Gericht ganz offenbar genug gehört - es will noch vor Weihnachten die Beweisaufnahme beenden. Das Ende des Prozesses ist in Sicht. Geht alles glatt, könnte im Frühjahr das Urteil gesprochen werden.

Der NSU-Prozess geht zu Ende und das ist gut so. Denn Neuigkeiten sind nicht mehr zu erwarten. Schon lange neigt sich der Erkenntnisgewinn gegen Null. Seit dreieinhalb Jahren versuchen die Beteiligten im NSU-Prozess, Prophezeiungen über das Ende des Mammutverfahrens abzugeben. Bisher hat der Prozess länger gedauert als jede noch so kühne Schätzung.

Doch was im vergangenen Jahr vor Gericht stattgefunden hat, diente weniger der Wahrheitsfindung als der rechtlichen Absicherung. Die Richter wollen mit allen Mitteln verhindern, dass der Bundesgerichtshof in der Revision ihr Urteil aufhebt und der Prozess von vorn beginnt. Das wäre für alle ein Alptraum. Um das zu verhindern, haben sie lieber noch ein paar Monate drangehängt und ließen jede Frage und fast jeden Beweisantrag zu. Jetzt nur keine Fehler machen, so scheint die oberste Maxime zu sein.

Um die Schuld oder Unschuld von Beate Zschäpe und der anderen vier Angeklagten ging es in den vergangenen Monaten nur noch am Rande. Man darf davon ausgehen, dass sich das Gericht darüber längst eine Meinung gebildet hat. Und dafür hätte es auch die Antworten von Zschäpe auf die Fragen des Gerichts nicht mehr wirklich gebraucht - eine umständliche Prozedur, die den Prozess immer wieder verzögerte, sehr ungewöhnlich vor deutschen Gerichten. Wochenlang bereiteten die Verteidiger die Antworten Zschäpes vor, das Gericht wartete geduldig darauf, was es da präsentiert bekam.

Dass sich die Richter das gefallen ließen, zeigt nur, dass sie sich weder vom BGH noch von der Öffentlichkeit vorwerfen lassen wollen, nicht das Äußerste versucht zu haben, um auch noch das letzte Fitzelchen Erkenntnis zu gewinnen. Zur Not auch mit zusammengebissenen Zähnen. Nun hat selbst die unendliche Geduld des Gerichts ein Ende. Dem Prozess tut das nur gut. Denn mehr an Erkenntnis ist nicht mehr zu erwarten. Weder von noch mehr Zeugen. Noch von Beate Zschäpe. Von der am allerwenigsten.

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