NSU-Prozess:Beweisantrag erhöht Druck auf Zschäpe

Fortsetzung NSU-Prozess

Zschäpe hatte am 29. September nach 313 Prozesstagen erstmals selbst vor Gericht gesprochen.

(Foto: dpa)
  • Einer der Opferanwälte hat beantragt, einen Beamten als Zeugen zu laden, der 2000 als Objektschützer der Synagoge Rykestraße in Berlin arbeitete.
  • Er soll Beate Zschäpe und Uwe Mundlos zwei Mal in der Nähe der Synagoge gesehen haben.
  • Dass der heute 66 Jahre alte Zeuge damals tatsächlich Zschäpe gesehen hat, ist bisher nicht erwiesen.

Aus dem Gericht von Tanjev Schultz

Sie habe sich früher durchaus mit "Teilen des nationalistischen Gedankenguts" identifiziert, teilte Beate Zschäpe vorige Woche mit. Diese Redeweise sei "verniedlichend", sagte an diesem Donnerstag Yavuz Narin, der als Rechtsanwalt die Familie eines Mordopfers vertritt. Er stellte einen Beweisantrag, mit dem er offensichtlich den Druck auf die Angeklagte erhöhen will.

Narin beantragte, einen Beamten als Zeugen zu laden, der im Jahr 2000 an der größten deutschen Synagoge in der Berliner Rykestraße im Objektschutz eingesetzt war. An einem Tag im Mai 2000 will der Zeuge Beate Zschäpe und Uwe Mundlos zwei Mal in der Nähe der Synagoge gesehen habe, beim ersten Mal vertieft in Kartenmaterial. Dies soll der Zeuge laut Narins Antrag bereits im Jahr 2000 bei der Polizei bekundet haben, nachdem er im Fernsehen einen Fahndungsaufruf zu dem untergetauchten Neonazi-Trio aus Jena gesehen hatte. Angeblich habe Zschäpe dem Zeugen einen "giftigen Blick" zugeworfen.

Der Nebenklage-Anwalt interpretiert die damaligen Zeugenangaben so, dass Zschäpe und ihre Freunde damals die Synagoge als mögliches Anschlagsziel ausgespäht hätten. Lediglich ihrer "Feigheit", so Narin, sei es geschuldet, dass der NSU sich stattdessen wehrlose Opfer gesucht und keine Anschläge auf gut bewachte Einrichtungen wie die Synagoge verübt habe.

Zschäpe habe geholfen, das antisemitische Spiel "Pogromly" zu basteln

Dass der heute 66 Jahre alte Zeuge damals tatsächlich Zschäpe gesehen hat, ist bisher nicht erwiesen. Den Nachweis nach all den Jahren noch zu führen, könnte schwer werden. Möglicherweise wird Richter Manfred Götzl den Antrag ohnehin zurückweisen - so wie er dies zuletzt sehr oft getan hat. Aber der Beweisantrag diente offenbar auch dazu, der Darstellung Zschäpes etwas entgegenzusetzen.

Narin verwies darauf, dass die Angeklagte mitgeholfen habe, das antisemitische, den Holocaust verherrlichende Spiel "Pogromly" zu basteln. Zschäpe habe sich zudem 1996 an der Herstellung einer Puppe beteiligt, die mit einem sogenannten Judenstern auf der Brust an einer Autobahnbrücke aufgehängt und mit Bombenattrapen verbunden wurde. Das alles zeuge von weit mehr als nur einer gewissen Identifikation mit "nationalistischem Gedankengut".

Wie der Nebenklage-Anwalt darstellte, fanden die Ermittler in der letzten Wohnung Zschäpes in Zwickau, in der sie gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt lebte, antisemitisches Material, wie ein Wahlwerbeplakat der NSDAP mit der Aufschrift "Die Juden sind unser Unglück" und den Propagandafilm "Der ewige Jude".

In ihrer Erklärung hatte Zschäpe in der vergangenen Woche gesagt, im Laufe der Zeit seien Themen wie eine "Angst vor Überfremdung" unwichtiger für sie geworden. Allerdings machte sie keinerlei Angaben darüber, wie es zu diesem angeblichen Sinneswandel gekommen sein soll.

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