NSU-Prozess:Beate Zschäpe soll heimlich Döner gegessen haben

  • Im NSU-Prozess sagt Sindy H. aus, die in Zwickau Beate Zschäpes Nachbarin war. Sie könne sich noch immer nicht vorstellen, dass Zschäpe etwas mit den Taten des NSU zu tun habe.
  • Die Zeugin will von Zschäpe erfahren haben, dass diese sowohl mit Uwe Böhnhardt als auch mit Uwe Mundlos geschlafen habe.
  • Die meiste Zeit sei Zschäpe alleine in der Wohnung gewesen. Böhnhardt und Mundlos seien nur selten aufgetaucht.

Von Annette Ramelsberger

Es machen sich ja viele Gedanken darüber, wie das eigentlich war, als Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund lebten. Ob die Drei wirklich ein Trio waren, zusammengeschweißt und aufeinander abgestimmt, wie die Bundesanwaltschaft denkt. Oder ob Zschäpe weitgehend allein gelebt hat und die Männer für sich losgezogen sind, um ihre Morde zu begehen.

Man weiß, dass sie häufig gemeinsam in Urlaub fuhren, im Sommer wochenlang nach Fehmarn, dort gemeinsam in einem Wohnwagen lebten, aber dazwischen klaffen zeitliche Lücken. Und wie war das innere Verhältnis der Drei? War Zschäpe die ganze Zeit nur mit Böhnhardt zusammen? Oder hatten sich die Drei zwischendurch sogar getrennt?

Die Zeugin erlebte Zschäpe als "ordentliche Hausfrau"

An diesem Tag sagt eine ehemalige Nachbarin aus der Zwickauer Polenzstraße aus, wo Zschäpe bis 2007 mehrere Jahre lebte. Sindy H., die damals unterm Dach wohnte, erlebte Zschäpe als "ordentliche Hausfrau", die gebacken und geputzt habe, und sagt mit einem Blick auf die blasse Angeklagte: "Sie sah gesünder aus als jetzt, lebensfroher."

Zschäpes Freund habe ihr auch mal die Einkäufe hochgetragen, als sie ihr Baby schleppen musste. Er sei freundlich gewesen, aber wortkarg und immer unterwegs. Wochenlang. Der Freund habe ihr auch seinen Bruder vorgestellt, der öfter kam. Aber meistens, so sagt Sindy H., sei "die Lisa" allein gewesen.

Unter diesem Namen kannte die Zeugin die nette Nachbarin und nichts Böses kommt ihr über jene Lisa über die Lippen. Sie könne sich noch immer nicht vorstellen, dass sie etwas mit den Taten des NSU zu tun habe. Sicher sei der Freund der Drahtzieher gewesen.

"Ich hab' gar keinen und du hast gleich zwei"

Die beiden Frauen trafen sich im Hinterhof, quatschten und manchmal sprachen sie auch über Privates - so berichtet die Zeugin. "Wir waren unter Frauen", sagt Sindy H., die damals gerade ein Kind bekommen hatte, aber ohne Mann war. Die Zeugin zögert fortzufahren, es ist ihr ein wenig peinlich, was sie jetzt sagt. Beate Zschäpe habe ihr damals zu verstehen gegeben, dass sie nicht nur mit ihrem Freund Geschlechtsverkehr habe, sondern auch mit dessen Bruder - als solcher gab sich damals Uwe Mundlos aus. "Ich hab' noch Spaß gemacht: Ich hab' gar keinen und du hast gleich zwei", sagt die Zeugin vor Gericht.

Allerdings wird nicht klar, was die Zeugin wirklich gehört und was sie sich zusammengereimt hat. Ob Zschäpe ihr das gesagt habe, wird die Zeugin gefragt. Ja, sagt sie. Und sie habe gemerkt, dass "Lisa" sich dafür geschämt habe. Sie habe dann nicht nachgefragt. Sie habe auch gespürt, dass Zschäpe in dem Moment, in dem sie sich ihr anvertraut habe, das schon wieder bereut habe. "Weil es ja schon recht intim ist", sagt die Zeugin und errötet selbst. Ob Zschäpe das nun aber selbst gesagt habe, dass sie mit beiden Männern schlafe, oder ob die Zeugin das nur aus Zschäpes Blicken geschlossen habe, das wurde nicht klar.

Einmal traf sie Zschäpe alias "Lisa" beim Döner essen

Die Zeugin hat sich ein Bild von ihrer Nachbarin "Lisa" zurechtgelegt, das nicht unbedingt stimmen muss. Was ihr auffiel: Zschäpe ließ ihre Nachbarin nie in die Wohnung, sie gab ihre Telefonnummer nicht raus. Und erklärte diese Zurückhaltung damit, dass ihr Freund nicht wolle, dass dauernd jemand anrufe. Sie habe wohl Angst vor ihrem Freund gehabt, dass der sie schimpfe, dachte sich die Nachbarin.

Auch an einen Vorfall mit einem Döner erinnert sich die Zeugin. Sie habe Beate Zschäpe alias "Lisa" Döner-kauend getroffen und Lisa habe gesagt, das sei ihrem Freund nicht Recht. "Sie kam um die Ecke und hat Döner gemampft. Sie sagte, eigentlich darf ich nicht, aber ich hatte so einen Appetit. Ich hab' jetzt einen Döner geholt."

Zschäpe soll regelmäßig Männerwäsche aufgehängt haben

Die Zeugin führt dieses Verhalten darauf zurück, dass Zschäpe wohl Angst vor ihrem Freund gehabt habe, von dem sie wirtschaftlich abhängig war. Der habe gut verdient und sei auf Montage gewesen - das habe sie von Lisa direkt erfahren. Deswegen habe Lisa nicht arbeiten müssen.

Eine andere Nachbarin bestätigte, dass Zschäpe regelmäßig Männerwäsche aufgehängt habe. Aber sowohl Uwe Böhnhardt als auch Uwe Mundlos waren in der Polenzstraße nur sehr selten zu sehen. Sie waren, so hatte Zschäpe den Nachbarn erzählt, "auf Montage". Wo die Männer wirklich die ganze Zeit waren, ist bisher unklar. Man weiß nur, dass sie ausgedehnte Reisen durch Deutschland unternommen haben, um Tatorte auszuspähen.

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