NSU-Prozess:André E. droht zweiter Prozess erst nach NSU-Urteil

Fortsetzung NSU-Prozess

Der im NSU-Prozess Mitangeklagte André E. betritt den Gerichtssaal in München.

(Foto: dpa)
  • André E. soll einen 18-Jährigen in einem Parkhaus in Zwickau geschlagen und bedroht haben.
  • Das Landgericht Zwickau hat nun entschieden, vor einer Entscheidung über eine Berufungsverhandlung erst das Urteil im NSU-Prozess abzuwarten.
  • Ob es in Zwickau überhaupt zu einem Prozess wegen Körperverletzung und Bedrohung kommt, ist fraglich.

Von Wiebke Ramm

Für André E. lief es zuletzt nicht gut im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Im September erließen die Richter überraschend Haftbefehl wegen Fluchtgefahr gegen den mutmaßlichen NSU-Unterstützer, nachdem die Bundesanwaltschaft zwölf Jahre Haft für E. gefordert hatte. Der 38-Jährige sitzt seither in Untersuchungshaft. Vom Landgericht Zwickau gibt es nun eine gute Nachricht für André E.: Zu einem zweiten Prozess gegen ihn wird es vorerst nicht kommen.

André E. droht nicht nur eine Verurteilung wegen Beihilfe zum versuchten Mord und Unterstützung einer rechtsterroristischen Vereinigung im Münchner NSU-Prozess. Vor dem Landgericht Zwickau ist zudem ein Verfahren wegen Körperverletzung und Bedrohung anhängig. André E. soll im Mai 2016 in Zwickau einen 18-Jährigen heftig verprügelt und gedroht haben, ihn umzubringen.

Den NSU-Richtern gilt André E. bislang als nicht vorbestraft. Eine Verurteilung in Zwickau könnte dies ändern. Sie fände auch Eingang in ein Urteil im NSU-Prozess. Doch dazu wird es nach einer Mitteilung des Landgerichts Zwickau wohl nicht kommen. Auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung teilte ein Sprecher am Mittwoch mit: "Das Landgericht Zwickau wird das Urteil des OLG München abwarten, bevor hier ein Verhandlungstermin angesetzt wird." Eine Begründung nannte der Sprecher nicht.

Das Verfahren dürfte eingestellt werden

Strafrechtler rechnen nach dieser Entscheidung nicht damit, dass es in Zwickau tatsächlich zu einer Verhandlung kommen wird. Sie gehen davon aus, dass das Verfahren spätestens nach dem Urteil im NSU-Prozess eingestellt wird, da die Strafe, die E. in Zwickau droht, im Vergleich zu der Strafe, die E. im NSU-Prozess erwartet, "nicht beträchtlich ins Gewicht fällt".

In erster Instanz hatte der Richter des Amtsgerichts Zwickau es als erwiesen erachtet, dass André E. im Mai 2016 einen 18-Jährigen in ein Parkhaus bestellt, ihn dort ohne Ankündigung angegriffen, mehrfach mit den Fäusten auf den Kopf des schon am Boden Liegenden eingeschlagen und wiederholt auf den Jugendlichen eingetreten hat. André E. soll auch gedroht haben: "Wenn du meinen Sohn nochmals anfasst, mache ich dich tot und bringe dich um!" Der Attacke soll ein Streit zwischen dem 18-Jährigen und dem damals 14-jährigen Sohn von André E. vorausgegangen sein. André E. hat zu den Vorwürfen geschwiegen.

Im Mai 2017 wurde er vom Amtsgericht Zwickau zu 52 Tagessätzen à 13 Euro verurteilt. Rechtskräftig wurde das Urteil nicht, André E. und die Staatsanwaltschaft legten Berufung ein. Für das Berufungsverfahren ist das Landgericht Zwickau zuständig.

André E. war einer der engsten Vertrauten der mutmaßlichen NSU-Terroristen Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Er soll den NSU bis zuletzt unterstützt haben. Seit viereinhalb Jahren sitzt er mit Zschäpe in München auf der Anklagebank. Er soll unter anderem ein Wohnmobil gemietet haben, mit dem Mundlos und Böhnhardt nach Köln fuhren, um einen Sprengstoffanschlag auf ein iranisches Geschäft in der Probsteigasse zu verüben. Die Bundesanwaltschaft wertet dies als Beihilfe zum versuchten Mord. Die 19-jährige Tochter des Ladenbesitzers erlitt bei dem Anschlag schwere Verbrennungen und Schnittverletzungen.

Der NSU-Prozess musste zuletzt für mehrere Wochen unterbrochen werden. Denn André E. hatte auf den Haftbefehl mit einer ganzen Reihe von Befangenheitsanträgen reagiert. Inzwischen wurde über sämtliche Ablehnungsanträge gegen die Richter entschieden. Erfolg hatte E. mit keinem. Am Dienstag soll der NSU-Prozess fortgesetzt werden.

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