NSA-Überwachung von Gerhard Schröder:Verstehen heißt nicht tolerieren

Altkanzler Gerhard Schröder

Wurde während seiner Amtszeit abgehört: Altkanzler Gerhard Schröder

(Foto: REUTERS)

Freund, Feind, Zielperson: Für die USA war Gerhard Schröder kein verlässlicher Verbündeter. Reicht das als Motiv für einen Lauschangriff? Aber sicher, würden die Amerikaner sagen. Doch: Was in den Jahren nach 2002 passiert ist, rechtfertigt es auf keinen Fall.

Ein Kommentar von Stefan Kornelius

In Sachen NSA gilt: Wer die Amerikaner verstehen will, der muss sich in ihre Denke hineinversetzen. Verstehen heißt nicht tolerieren. Aber die Logik der anderen erklärt Ausmaß und Hintergründe der Datensammelei.

Die Logik der US-Dienste im Sommer 2002 also: Die Trümmer des 11. September sind noch nicht beiseitegeschafft. Die Dienste haben eine unsägliche Schmach erlitten. Nun bedrängt Präsident George W. Bush den irakischen Diktator Saddam Hussein. Es riecht nach Krieg.

In Deutschland nimmt die Regierung Schröder/Fischer Witterung auf, hierzulande riecht es nach einer Wahlniederlage. Schröder bedient früh die Stimmung gegen die USA. Die Lage heizt sich auf, die Achse Paris-Berlin-Moskau wird gebaut, in Europa bildet sich eine Gruppe der Zehn und eine Gruppe der Zwölf. In Brüssel plant ein Gipfel unter deutscher Führung die Gründung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion - einer Anti-Nato. Starker Tobak.

Reicht das als Motiv für einen Lauschangriff? You bet, würden die Amerikaner sagen, aber sicher. Schröder war aus ihrer Sicht kein verlässlicher Verbündeter mehr. Die Analyse aus Washington war kriegsverzerrt. Aber sie rechtfertigte eben das Abhören deutscher Regierungskommunikation.

Was in den elf Jahren danach stattfand, steht auf einem anderen Blatt. Neben vielen anderen Fragen, die bis heute nicht beantwortet sind.

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