NSA-Spionage in Frankreich:Vom Verbündeten bespitzelt

Normal ist das nicht: Die NSA späht massenhaft die Bürger einer Nation aus, die zu den ältesten Verbündeten der USA zählt. Doch der Zeitpunkt der Enthüllung kommt Paris auch gelegen.

Ein Kommentar von Christian Wernicke

Paris tobt. Denn das, was Le Monde über das Tagwerk des US-Geheimdienstes NSA ans Licht der Welt gebracht hat, entspricht wahrlich nicht der Art, wie man mit Freunden umgeht: Massenhaft, systematisch und offenbar ohne Mitwissen der französischen Regierung bespitzeln Washingtons Hightech-Spione die Bürger einer Nation, die zu den ältesten Verbündeten der USA zählt.

Drei Millionen Datensätze - Telefonate, E-Mails, SMS - greift die NSA demnach in Frankreich an jedem normalen Tag ab. Normal ist das nicht - schon gar nicht, wenn zu den "Zielpersonen" nicht nur mutmaßliche Terrorsympathisanten gehören sollen, sondern ebenso Unternehmer, Politiker und Spitzenbeamte der Republik.

Wer glaubt, man könne die nun überaus heftigen Proteste damit abtun, dass Frankreich seit jeher gern eine Hassliebe zu Amerika kultiviere, der irrt. Die Machenschaften der NSA verletzen die Rechte französischer wie europäischer Bürger. Auch von der Bundesregierung, die über den BND offenbar enger mit der NSA verbandelt ist als Frankreich, würde man sich öfter und klarere Worte zum Schutz der Privatsphäre wünschen.

Zumindest der Zeitpunkt der Enthüllung jedoch kommt Paris gelegen. Die Regierung stolpert von einer hausgemachten Krise zur nächsten. Endlich steht der Schurke nun mal nicht in den eigenen Reihen. Das lenkt ab, dem dreisten Freund da draußen sei Dank.

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