NSA-Ausschuss:Snowden im Bundestag: Opposition spricht von Rechtsbruch

NSA-Ausschuss: Edward Snowden, hier auf einem Bildschirm während einer Videoschalte zum EU-Parlament in Straßburg.

Edward Snowden, hier auf einem Bildschirm während einer Videoschalte zum EU-Parlament in Straßburg.

(Foto: AFP)

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Der NSA-Ausschuss muss Edward Snowden unverzüglich nach Deutschland laden. Die Ausschussmehrheit verschiebt nun aber eine Entscheidung darüber.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Kommt Edward Snowden nach Berlin oder nicht? Die juristischen Fingerhakeleien um den Zeugen im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages gehen weiter. Die schwarz-rote Ausschussmehrheit hat an diesem Donnerstag die Entscheidung über eine Ladung des US-Whistleblowers vertagt. Die zuständige Ermittlungsrichterin am Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte dagegen in einem am Montag veröffentlichen Beschluss die Ausschussmehrheit aufgefordert, der Ladung von Snowden "unverzüglich" stattzugeben.

Mit der Vertagung will sich die Koalition Zeit geben, den BGH-Beschluss zu prüfen. In der kommenden Woche wird dann womöglich über eine Beschwerde dagegen entschieden. Die Opposition sieht in der Vertagung einen klaren Rechtsbruch. Die Koalition habe den Tagesordnungspunkt "willkürlich und unter Missachtung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes" abgesetzt, sagte die Obfrau der Linken im NSA-Ausschuss, Martina Renner. Die große Koalition setze damit ihre "Blockade- und Verzögerungshaltung" in der Frage fort.

Grünen-Obmann Konstantin von Notz erklärte: "Die Maske ist abgenommen, der offene Rechtsbruch ist da." Die Aufforderung des BGH zur Unverzüglichkeit gelte auch im Falle einer Beschwerde. Nach Ansicht der Opposition und auch des Ausschussvorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) hätte eine Beschwerde somit keine aufschiebende Wirkung. Aus den Koalitionsfraktionen heißt es hingegen, es gebe dazu keine abschließende juristische Meinung.

Die Obleute der Regierungsfraktionen, Nina Warken für die CDU und Christian Flisek für die SPD, wollten sich nicht öffentlich zu ihrer Entscheidung äußern. Flisek ließ sich lediglich mit dem Satz zitieren, er werde aus "Respekt vor dem laufenden Verfahren" keine Stellung nehmen.

Der Ausschuss hatte im Frühjahr 2014, als er seine Arbeit aufnahm, Snowden einstimmig als ersten Zeugen benannt. Grüne und Linke haben die Ausschussmehrheit seitdem mehrfach aufgefordert, Snowden endlich zu laden. Dem ist der Ausschuss bisher aber nicht nachgekommen. Denn die Bundesregierung versucht mit Hilfe der schwarz-roten Ausschussmehrheit alles, um eine Ladung Snowdens nach Deutschland zu verhindern. Die Opposition hatte deshalb vor dem BGH Beschwerde eingelegt.

Die Bundesregierung befürchtet diplomatische Verwicklungen mit den USA. Und kann angeblich nicht für die Sicherheit Snowdens garantieren, sobald dieser deutschen Boden betritt. Eine klare Entscheidung hat sie in der Sache bisher nicht getroffen. Begründung: Der Ausschuss habe ja bisher keinen Ladungsbeschluss gefasst.

Die Ausschussmehrheit wiederum verweigerte sich bisher einer Vorladung, solange die Bundesregierung die Lage nicht anders einschätze. Diese Argumentation hat der Bundesgerichtshof jetzt zurückgewiesen. Es sei nicht Aufgabe des Ausschusses, in vorauseilendem Gehorsam das Geschäft der Bundesregierung zu betreiben. Und damit die Minderheitenrechte der Opposition zu untergraben.

In der kommenden Woche kommt der Ausschuss erneut zusammen. Zu erwarten ist, dass die Mehrheit dann die Beschwerde gegen die BGH-Entscheidung beschließt. Offen ist, ob sie auch erneut den Antrag auf Ladung vertagt. Snowden befindet sich derzeit in Moskau, wo er politisches Asyl genießt.

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