NSA-Affäre:"Nach bestem Gewissen"

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Hat die Regierung vor der Wahl 2013 von einem No-Spy-Abkommen mit den USA geredet, obwohl das nie in greifbarer Nähe war? Neu aufgetauchte Dokumente legen das nahe. Doch Kanzlerin Merkel sieht die Sache anders.

Von Stefan Braun, Berlin

Die Bundesregierung hat am Montag den Vorwurf zurückgewiesen, sie habe die deutsche Öffentlichkeit im Sommer 2013 mit Blick auf ein mögliches No-Spy-Abkommen mit den USA getäuscht. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, er und die ganze Bundesregierung hätten "nach bestem Wissen und Gewissen" gehandelt, als sie in den Sommermonaten des Jahres 2013 konkrete Verhandlungen mit der US-Regierung über ein solches Abkommen als Fakt beschrieben hatten. Der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und Seibert selbst hatten im August, also wenige Wochen vor der damaligen Bundestagswahl, die Affäre um die NSA-Spionage in Deutschland für beendet erklärt und ein gemeinsames Abkommen mit den Vereinigten Staaten angekündigt.

Eine E-Mail-Korrespondenz von Christoph Heusgen, dem außenpolitischen Berater von Kanzlerin Angela Merkel, mit einer engen Beraterin aus dem Stab von US-Präsident Barack Obama legt hingegen offen, dass die deutsche Seite zwar ein großes Interesse an einem solchen Abkommen hatte, Washington dafür aber nie eine konkrete Zusage gemacht hatte. Die Süddeutsche Zeitung, der WDR und der NDR hatten den E-Mail-Austausch am Samstag veröffentlicht. Dabei geht es um Mails zwischen Juli 2013 und Januar 2014. Seibert betonte nun, Grundlage der damaligen Einschätzung sei "ein Angebot der US-Seite" gewesen, "damals schon bestehende Vereinbarungen über gemeinsame Projekte zu verallgemeinern und auf ganz Deutschland anzuwenden". Das sei alles, was er dazu sagen könne.

Merkel nahm am Montag ihr Kanzleramt in Schutz. "Ich kann sagen, dass jeder nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet hat", sagte sie. Das gelte für den heutigen Chef des Kanzleramts wie für seine Vorgänger. "Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sich Nachrichtendienste auch an deutsche Gesetze zu halten haben, wenn sie sich in Deutschland bewegen." Dies durchzusetzen dauere länger und sei schwieriger als gewünscht. "Aber als politisches Ziel bleibt es für mich erhalten", so Merkel.

Die SPD und die Opposition erneuerten dagegen ihre scharfe Kritik. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte, sollten die Berichte vom Wochenende zutreffen, "dann hat die Union im Wahlkampf 2013 gelogen". CDU und CSU hätten dann "einen unehrlichen Wahlkampf geführt", diese Art der Vernebelung sei "inakzeptabel". Mit Blick auf die umstrittene Kooperation von BND und NSA verlangte Fahimi erneut die Herausgabe der Liste problematischer Selektoren und Suchbegriffe, mit denen die NSA über den BND versuchte hatte, europäische Rüstungsunternehmen und Diplomaten auszuforschen.

Von der Union getäuscht sieht sich auch der frühere Koalitionspartner FDP. Ihr Parteichef Christian Lindner sagte, seine Partei sei bis zuletzt davon ausgegangen, dass ernsthaft an einem No-Spy-Abkommen gearbeitet werde.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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