NRW: Sponsoring-Affäre:"Scampi-Boris" - Rüttgers' Mann fürs Grobe

Berüchtigt ist Boris Berger für einen rüden Ton und teure Restaurantbesuche. Nun soll er dem Ministerpräsidenten zu neuer Glaubwürdigkeit verhelfen.

Johannes Nitschmann

Der Tipp kam vom Fahrer. Als Jürgen Rüttgers im Jahre 2002 in der nordrhein-westfälischen CDU-Zentrale personell aufrüstete, um die rot-grüne Landesregierung abzulösen, holte er auf Anraten seines Chauffeurs den damals 28-jährigen Bundeswehr-Hauptmann Boris Berger als Politberater an seine Seite. Der resolute Soldat erwies sich als Allzweckwaffe.

Bald avancierte er zum erfolgreichen Kampagnen-Planer bei der CDU und schuf die Basis für Rüttgers' Wahlsieg bei der Landtagswahl 2005. Mit dem neuen CDU-Regierungschef zog Berger als Abteilungsleiter für Regierungsplanung in die Düsseldorfer Staatskanzlei ein. Fortan liefen bei dem engen Rüttgers-Vertrauten alle Fäden zusammen. Selbst gestandene Landesminister wurden von dem ruppigen Reserve-Hauptmann geschurigelt.

Bergers Regime war gefürchtet

Zehn Wochen vor der kommenden NRW-Landtagswahl hat Rüttgers seinen Chef-Strategen in der Staatskanzlei "unbefristet beurlaubt" und neben dem neuen Landes-Generalsekretär Andreas Krautscheid in seine CDU-Zentrale beordert. Nach der "Sponsoring-Affäre" soll Berger für den in seiner Glaubwürdigkeit schwer beschädigten Ministerpräsidenten eine drohende Niederlage am 9. Mai abwenden. Mit dem raschen Wechsel seines Schreibtisches habe sich die Aufgabenstellung für den einflussreichen Rüttgers-Einflüsterer kaum verändert, spottet die Landtagsopposition von SPD und Grünen.

Bereits in der Staatskanzlei steuerte Berger alle PR-Kampagnen für den Ministerpräsidenten. Dabei operierte der 36-Jährige immer in enger Abstimmung mit der CDU-Zentrale. Als Landesbediensteter nahm er regelmäßig an den Sitzungen der Parteigremien teil. In dubiose Praktiken der NRW-CDU - wie die Videobeobachtung der SPD-Herausforderin Hannelore Kraft - war er stets eingebunden.

Der promovierte Politologe und verheiratete Vater einer Tochter, der im Rhein-Sieg-Kreis nahe der alten Bundeshauptstadt Bonn heimisch ist, war zugleich Rüttgers Mann fürs Grobe. Geräuschlos erledigte er die Dinge, bei denen sich ein Ministerpräsident nicht gerne die Finger schmutzig macht. Bergers Regime war in der Staatskanzlei gefürchtet, etliche Mitarbeiter blieben auf der Strecke. Wegen seines Hangs zu sündhaft teuren Gourmet-Restaurants hatte das Alter Ego des Regierungschefs rasch den Spitznamen "Scampi-Boris" weg.

Berger schminkte Rüttgers um

Unter Düsseldorfer Journalisten hat der rabiate Berger keinen Ruf mehr zu verlieren. Die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit. Nur wenige Tage nach dem Wahlsieg empfahl der clevere Stratege dem neuen Ministerpräsidenten, er müsse sich als "omnipräsenter Landesvater" unabhängig machen von der "zynischen" und "verwöhnten" Landespressekonferenz.

Den drögen CDU-Regierungschef schminkte Berger erfolgreich zum feurigen Arbeiterführer um. "Kosmetikabteilung" wurde dessen Ressort für politische Planung spöttisch in der Staatskanzlei genannt, weil dort millionenschwere Image-Kampagnen für den Ministerpräsidenten konzipiert wurden. Jetzt muss der Image-Berater als Parteisoldat in die Schlacht ziehen, um die vor fünf Jahren eroberte Staatskanzlei zu verteidigen.

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