NPD-Hochburg:"Mal sehen, was die bringen"

Im 500-Seelen-Dorf Postlow haben am Wahlsonntag 38 Prozent NPD gewählt. Die Einheimischen sind überrascht - und fühlen sich von den großen Volksparteien verlassen.

Norbert Dörschner kann die Aufregung um den NPD-Wahlerfolg in Mecklenburg-Vorpommern nicht verstehen. "Ich habe die nicht gewählt - aber nun wollen wir doch erstmal sehen, was die bringen", sagt der Chef einer kleinen Autowerkstatt aus Postlow in Ostvorpommern.

NPD-Hochburg: Die Heimat der NPD: Plattenbau und Hoffnungslosigkeit.

Die Heimat der NPD: Plattenbau und Hoffnungslosigkeit.

(Foto: Foto: dpa)

Das 500-Seelen-Dorf nahe Anklam hatte am Wahlsonntag prozentual die meisten NPD-Wähler im Nordosten: 38 Prozent. Der Plattenbau-Wahlkreis 8 im Osten Ueckermündes kam auf 35,2 Prozent. "Das sind alles Frustwähler", heißt es bei den Einheimischen, die aber dennoch erstaunt sind.

Dass die Rechtsextremen sowohl in Postlow als auch im Osten Ueckermündes stärkste Kraft wurden, kam nicht ganz unerwartet. Beide Landkreise haben seit Jahren Arbeitslosenquoten von knapp unter 30 Prozent. Demokratische Parteien tauchen in den ländlichen Regionen kaum aktiv auf, überlassen den Rechtsextremen den öffentlichen Raum, so wird kritisiert.

Unverständliche SPD-Plakate

"Die etablierten Parteien sind diesmal einfach viel zu spät aufgewacht", sagen zwei Männer im Postlower Ortsteil Görke. "Die da oben haben keinen Blick für die Probleme der kleinen Leute", meint ein 39-jähriger Landwirt, der nicht genannt werden will. Hier sei jeder Zweite ohne Job und müsse dann auf dem SPD-Plakat lesen: "Den Erfolg fortsetzen".

Zudem hingen drei Mal mehr NPD-Plakaten an den Laternenmasten, vorzugsweise in Dörfern und vor größeren Plattenbau-Siedlungen. Mit Formeln wie "Hartz IV, Praxisgebühr, Mehrwertsteuer - jetzt reicht's" hätten die Rechtsextremen einen Nerv getroffen. Und jungen Leuten habe die NPD auch noch 500 Euro Kindergeld versprochen.

"Ich bin gar nicht erst zur Wahl gegangen", sagt der Landwirt, der sich bis 1999 als Schlosser auf dem Bau ausprobiert hatte, bis der Boom vorbei war. Er glaube aber, dass vor allem junge Leute auf die einfachen Parolen hören.

Asylbewerber, die nie kamen

Alles begann mit dem Protest gegen eine Umsiedlung von Asylbewerbern in die Kleinstadt am Stettiner Haff. Obwohl dieser Plan aus Kostengründen vom Landkreis abgesagt wurde, reklamierte eine Gruppe um den arbeitslosen Maurer Tino Müller den Erfolg für sich und gründete die so genannte Bürgerinitiative "Schöner und sicherer Wohnen", die als Modell für das Bundesgebiet fungierte.

Ende 2005 warnte der Verfassungsschutz, dass der Zusammenschluss der Kameradschaftsszene mit der NPD in den Landtag führen könnte. Erst im März 2006 entstand ein NPD-Kreisverband Uecker-Randow. Müller fuhr in den Sächsischen Landtag, wo er bei den Rechtsextremen lernte. Jetzt zieht er für die NPD in den Schweriner Landtag ein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Einzug der NPD ins Parlament von Mecklenburg-Vorpommern als "außerordentlich bedauerliches Ergebnis dieser Landtagswahl" gewertet. Hoffnungslosigkeit umzuwandeln in Perspektiven für die Menschen, werde die Aufgabe aller Parteien im Landtag sein.

Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern stehe bereit für eine Oppositionspolitik der Mitte, sei aber auch bereit, Verantwortung in Schwerin zu übernehmen, betonte Merkel. Die Entscheidung liege aber bei der SPD, ob sie sage, sie wolle "mit dem Kopf durch die Wand" und mit knapper Mehrheit mit der PDS weiter regieren, oder ob sie auf breite Stabilität und Akzeptanz und mit den Christdemokraten koaliere.

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