Nothilfe für Nordkorea:USA bereiten Lebensmitteltransporte vor

Erstmals seit drei Jahren wollen die USA wieder Lebensmittel nach Nordkorea liefern. Unterhändler beraten in Peking über die Details der Nothilfe. Die Gespräche sind durch eine Annäherung im Streit um Pjöngjangs Atomprogramm möglich geworden. Allerdings gehen von dem isolierten Land weiterhin bedrohliche Signale aus.

Nach einer Annäherung im Streit um das nordkoreanische Atomprogramm bereiten die USA die ersten Lebensmitteltransporte nach Nordkorea seit drei Jahren vor. In der vergangenen Woche hatte Pjöngjang zugesagt, im Gegenzug für Hilfslieferungen die Urananreicherung einzustellen, auf Atomtests zu verzichten und wieder Inspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ins Land zu lassen.

Nothilfe für Nordkorea: Nordkoreanische Kinder beim Mittagessen, unterstützt durch Reisspenden des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen.

Nordkoreanische Kinder beim Mittagessen, unterstützt durch Reisspenden des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen.

(Foto: AFP)

Am Mittwoch trafen sich Unterhändler in Peking zu abschließenden Gesprächen über Einzelheiten der Nothilfe. "Das Ernährungsprogramm, über das wir hier sprechen, ist kompliziert und wir müssen die Einzelheiten ausarbeiten, wie es durchgeführt wird", sagte der US-Sondergesandte Robert King. Vor allem solle sichergestellt werden, dass die Hilfslieferungen die von Mangelernährung am stärksten betroffenen Gruppen erreiche. Die Lebensmittel seien für etwa eine Million Nordkoreaner vorgesehen, darunter Kinder, Schwangere, stillende Mütter und alte Menschen, sagte King. Sollte es nicht zu einer schnellen Einigung kommen, sollen die Unterredungen am Donnerstag fortgesetzt werden.

Nachdem Nordkorea einem Moratorium für Atom- und Langstreckenraketentest zugestimmt hatte, boten die USA die Lieferung von 240.000 Tonnen Lebensmitteln an. Die Vereinigten Staaten bestreiten, dass die humanitäre Hilfe im Gegenzug für Nordkoreas Zugeständnisse im Streit um sein Atomprogramm gewährt würden, die nun auch den Weg für die Wiederaufnahme der 2009 ausgesetzten Sechs-Nationen-Gespräche ebnen könnten.

Unterdessen traf der nordkoreanische Atomunterhändler Ri Yong Ho zu inoffiziellen Gesprächen in den USA ein, wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete. Südkoreas Außenminister wurde ebenfalls zu einem fünftägigen Besuch in den USA erwartet. Die diplomatischen Aktivitäten weckten Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme der seit drei Jahren ausgesetzten Sechs-Parteien-Gespräche über ein Ende des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms. Teilnehmer sind außer Nordkorea und den USA auch China sowie Südkorea, Japan und Russland. Atomunterhändler Ri Yong Ho äußerte sich bei der Ankunft auf dem New Yorker Flughafen positiv über die Zukunft der Sechser-Gespräche, wie Yonhap berichtete.

Nordkorea hat massiv aufgerüstet

Zugleich wurde bekannt, dass Nordkorea in den vergangenen Jahren einem südkoreanischen Medienbericht zufolge die Zahl der um die Hauptstadt Pjöngjang stationierten Luftabwehrraketen massiv erhöht hat. Zwischen 2000 und 2010 habe demnach die Zahl der Raketen vom Typ SA-5 mit einer maximalen Reichweite von 300 Kilometern von zwei auf 40 zugenommen, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Militärkreise in Seoul.

Im gleichen Zeitraum sei die Zahl der Raketen vom Typ SA-3, die gegen tief fliegende Flugzeuge eingesetzt werden können, in der Umgebung von Pjöngjang von sieben auf 140 gestiegen. Die Zahl der SA-2-Raketen mit einer Reichweite von 48 Kilometern wurde laut Yonhap zwischen 2000 und 2010 von 45 auf 180 erhöht. Grund für die Aufrüstung der vergangenen Jahre sei Nordkoreas Sorge vor Angriffen Südkoreas oder der USA. Das südkoreanische Verteidigungsministerium wollte den Bericht nicht bestätigen.

Nordkorea und Südkorea befinden sich seit dem Korea-Krieg (1950-53) offiziell weiter im Kriegszustand, in den vergangenen Jahren gab es immer wieder militärische Zwischenfälle. Neben seinen Luftabwehrraketen hat Nordkorea auch ein großes Arsenal an Raketen, die auf Ziele in Südkorea gerichtet werden können, sowie Mittelstreckenraketen, die mehr als 3000 Kilometer zurücklegen können. Das Land hat auch mehrfach Interkontinentalraketen getestet, zuletzt im April 2009.

Südkorea droht mit Vergeltung bei Provokationen

Südkoreas Verteidigungsminister hat seine Soldaten für den Fall militärischer Provokationen zu resoluter Vergeltung aufgerufen. Der neue nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un könnte sich zu einer sorgfältig berechneten Provokation gegen Südkorea hinreißen lassen, um seine Macht zu stärken, sagte Minister Kim Kwan Jin bei einem Besuch der grenznahen Insel Yonpyong.

Südkorea werde in diesem Fall machtvoll zurückschlagen, bis die verantwortliche Einheit in Nordkorea "vollständig aufgibt", wurde Kim von mehreren südkoreanischen Medien zitiert. Es gebe Anzeichen dafür, dass die Machtübergabe in Nordkorea noch nicht abgeschlossen sei, sagte Kim laut dem Rundfunksender KBS. Darauf würden die jüngste Rhetorik Nordkoreas, die Artillerieübungen des Landes und die zunehmende Zahl von Inspektionen militärischer Stützpunkte durch Kim Jong Un hindeuten.

Kim war im Dezember nach dem Tod seines Vaters und langjährigen Alleinherrschers Kim Jong Il zum neuen Machthaber ausgerufen worden. Südkoreas Verteidigungsminister besuchte einen Militärstützpunkt auf der Insel im Gelben Meer, die im November 2010 von Nordkoreas Küstenartillerie beschossen worden war. Vier Menschen waren dabei ums Leben gekommen. Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel hatten sich durch den Vorfall deutlich verschärft.

Der Besuch des Ministers auf Yonpyong kam zehn Tage nach der Inspektion einer Küstenartillerieeinheit des nordkoreanischen Machthabers. Den staatlichen nordkoreanischen Medien zufolge hatte Kim Jong Un die Soldaten zu strikten Vergeltungsschlägen aufgerufen, sollte Südkorea das Nachbarland provozieren.

Am vergangenen Sonntag hatte das Regime in Pjöngjang Zehntausende Menschen zu einer Kundgebung gegen die südkoreanische Regierung in der Hauptstadt mobilisiert. Nordkoreas Militärchef Ri Yong Ho hatte dabei eine Erklärung verlesen, in der das oberste Truppenkommando mit einem "heiligen Krieg" gegen Südkorea gedroht hatte.

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