Nordrhein-Westfalen:Neue alte Heimat

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Ministerpräsident Armin Laschet verlässt mit seinem kompletten Arbeitsstab das preisgekrönte gläserne Stadttor und zieht ans Rheinufer.

Von Jan Bielicki, München

Es ist ein Palast aus Glas, mit spitzen Kanten und einer ziemlich protzigen, 65 Meter hohen Eingangshalle. Rechtsanwaltskanzleien und allerlei Beratungsfirmen residieren hier, es praktizieren Zahnärzte und Physiotherapeuten, und auch eine Botox-Spritze gegen die Falten kann man sich in dem Düsseldorfer Bürogebäude namens Stadttor setzen lassen. Und außerdem, das Schild unten am Eingang ist leicht zu übersehen, regiert hier noch der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, nicht ganz oben, wo der Quadratmeter 24 Euro Monatsmiete kostet, sondern im zehnten von zwanzig Stockwerken. Noch.

Der Glaspalast stand einmal für den Aufbruch der Regierung in die Modernität

Denn der neue Amtsinhaber Armin Laschet (CDU) will umziehen. Und solche Umzüge haben ja immer etwas Symbolisches. Als 1999 der damalige SPD-Ministerpräsident Wolfgang Clement seine Staatskanzlei in den damals ganz neuen Glaspalast verlegte, sollte das den Aufbruch seiner Regierung in die Moderne bedeuten, weg vom altpreußischen Charme des Landeshauses unten am Rheinufer, aus dem seine Vorgänger fast vier Jahrzehnte das Land lenkten. Recht wohlgefühlt in der kalten Pracht des Glashauses haben sich freilich die wenigsten von Clements Nachfolgern, Hannelore Kraft zuletzt schon gar nicht. Aber der Mietvertrag des Landes gilt noch bis weit ins nächste Jahrzehnt, also blieb auch sie, bis sie ihr Büro vor gut drei Wochen an den Wahlsieger Laschet übergab.

Doch den zieht es nun zurück ins Landeshaus. Es ergebe sich "jetzt die Chance, die Staatskanzlei in das historisch-ehrwürdige Landeshaus am Düsseldorfer Rheinufer zu verlegen", sagte Laschet dem Kölner Stadtanzeiger. Als "zugleich bürgernah und repräsentativ" pries er den neuen Amtssitz, der eigentlich der alte ist und für den Ministerpräsidenten noch einen Vorteil hat: "Dort kann das Land auch internationale Gäste angemessen empfangen."

Es werden also demnächst etliche Umzugskisten durch Düsseldorfs Regierungsviertel gefahren. Die neue Heimatministerin Ina Scharrenbach, eben eingezogen, muss samt ihren Leuten raus aus dem Landeshaus und soll im jetzigen Verkehrsministerium unterkommen. Verkehrsminister Hendrik Wüst und seine Beamten werden wiederum hinter die Glasfassaden des Stadttors gesetzt.

Die SPD-Opposition verlangt derweil Aufklärung über die Kosten. "Eines kann jedenfalls nicht sein: Dass hier eine reine Show-Veranstaltung geplant wird, für die der Steuerzahler die Rechnung begleicht", warnte Landtagsfraktionschef Norbert Römer in einer Mitteilung.

Für Laschet ist der Umzug auch persönlich eine Heimkehr. Bereits von 2005 bis 2010 stand der Schreibtisch des damaligen Integrationsminister im Landeshaus - genau in dem Büro, in das er nun zurückkehren will, diesmal als Ministerpräsident. Der Blick auf den Rhein ist übrigens auch von hier aus sehr schön.

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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