Nordrhein-Westfalen:Laschet wird Spitzenkandidat der NRW-CDU

Es genügte ein wenig Landschaftspflege bei den Delegierten: Armin Laschet führt seine Partei in den Landtagswahlkampf. Bei der Delegiertenversammlung singt er eine Lobeshymne auf Rhein und Ruhr.

Von Bernd Dörries, Mönchengladbach

Auf ihrem Landesparteitag im Mai zeigte die nordrhein-westfälische CDU ein Filmchen, in dem ein Ford Mustang GT über eine Rennstrecke rast, am Schluss lässt Armin Laschet das Fenster runter und sagt: "Unser Land muss endlich wieder auf die Überholspur." Jetzt, bei der Landesdelegiertenversammlung der CDU am Samstag in Mönchengladbach, sitzen die Vertreter der Basis in einem Flugzeughangar, man blickt auf eine alte JU 52, "Fertig zum Durchstarten" steht auf einem Plakat.

Überholspur, durchstarten: Folgt man dieser Logik, dann wird sich die CDU beim nächsten Mal dem Thema Wasserwege oder Schienenverkehr widmen. Oder sie ist ganz modern, und Armin Laschet kommt gleich durchs Internet, CDU 4.0-mäßig.

Schon diesmal gab sich Laschet ziemlich modern. Parteitage sind meist eine ziemlich dröge Sache. Der Vorsitzende hält eine Rede, die dann meist als "entschlossen" beschrieben wird, Journalisten zählen die Minuten, die anschließend geklatscht wird, um daraus den Grad an Zustimmung zu ermitteln. Am Samstag versuchte Armin Laschet es ein wenig anders. Mit einem Headset lief er durch den Saal, blieb an den Tischen der Bezirke stehen und fand lobende Worte zu jeder Region, bei Ostwestfalen die wirtschaftlichen Erfolge, die vielen Arbeitsplätze und beim Ruhrgebiet, das nicht ganz so viele wirtschaftliche Erfolge feiern kann, lobte Laschet die "Größe" des Reviers.

Laschet war lange der vehementeste Unterstützer von Merkels "Wir-schaffen-das"-Kurs

So freute sich jeder über ein paar nette Worte des Vorsitzenden, und letztlich wurde Laschet mit 97,4 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl gekürt.

CDU-Bundesvorstand

"Fertig zum Durchstarten" lautet der Wahlkampfslogan der CDU in Nordrhein-Westfalen, die Armin Laschet zum Spitzenkandidaten wählte.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Für ihn ist das ein gutes Ergebnis, in den vergangenen Wochen war immer mal wieder von Unruhe und Unzufriedenheit an der Basis die Rede gewesen, einige Kommunalpolitiker hatten einen "Konservativen Kreis" gebildet. Als Laschet im September in seiner Fraktion für eine Integrationsoffensive unter Flüchtlingen warb, verließ die Hälfte der Abgeordneten den Raum.

Der ehemalige Integrationsminister Laschet war lange der vehementeste Unterstützer von Angela Merkels "Wir-schaffen-das"-Kurs. Als die Kanzlerin ihren Kurs korrigierte, stand Laschet plötzlich ziemlich alleine da.

Am Samstag versuchte Laschet nun seine eigene Kurskorrektur möglichst unauffällig zwischen dem Lob der Landschaft an Rhein und Ruhr zu verstecken. Er sprach nur ein einziges Mal von "Flüchtlingen", als er nämlich darauf hinwies, dass Bayern geflüchtete Kinder wesentlich besser integriere, das schulpflichtige Alter hochgesetzt habe. Ansonsten forderte Laschet mehr Polizei und Schleierfahndung hinter den Grenzen. Auch bei ihm ist die Willkommenskultur nun in den Hintergrund gerückt. "'Wir schaffen das' darf man ja nicht mehr sagen", murmelte Laschet in einem Nebensatz.

AfD zerstritten

Begleitet von Protesten und Streit in der Führung der Bundespartei hat die AfD in Nordrhein-Westfalen die Vorbereitungen für die Landtagswahl 2017 fortgesetzt. Wegen möglicher Absprachen und vernichteter Wahlstimmen bei den jüngsten Listenwahlen musste sich vor allem NRW-Parteichef Marcus Pretzell am Wochenende bei einer Versammlung im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück scharfer Kritik aus den eigenen Reihen stellen. Von den bisher gewählten Kandidaten werden die meisten seinem Lager zugerechnet. Trotz der Zweifel an der Rechtmäßigkeit der bisherigen Abstimmungen will die Partei mit den bislang gewählten Kandidaten in den Wahlkampf ziehen. Wegen der offen geäußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Landeslisten will die AfD das Gespräch mit dem Landeswahlleiter suchen. Bei den ersten beiden Landeswahlversammlungen waren die Kandidaten für die ersten 22 Listenplätze gewählt worden. Derzeit werden der AfD zwischen neun und zehn Prozent der Stimmen prognostiziert. dpa

Die Partei sieht das wohl ebenso, die Zweifler ließen ihre Zweifel zu Hause, und Laschet versprach ihnen im Gegenzug, bei der Wahl im Mai Ministerpräsident zu werden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. In den letzten Umfragen liegt die CDU zwar gleichauf mit der SPD, beide kommen auf 32 Prozent, eine richtige Perspektive haben die zwei Lager aber nicht.

Im Moment reicht es weder für die Fortsetzung von Rot-Grün noch für die von Laschet favorisierte Jamaika-Koalition. Ohnehin stellt sich nach seiner Rede am Samstag die Frage, warum er überhaupt mit den Grünen koalieren will, die er in jedem zweiten Satz als mehr oder weniger unfähig beschreibt. Umweltminister Johannes Remmel machte er gleich zum Remmel-Semmel, weil der mit seiner Bürokratie bei der Lebensmittelüberwachung übertreibe. Bei den Grünen hält sich die Jamaika-Begeisterung in Grenzen. Am schwierigsten sind für Laschet aber seine schwachen Werte der persönlichen Beliebtheit, Amtsinhaberin Hannelore Kraft kommt bei den persönlichen Popularitätswerten auf 56 Prozent, Laschet nur auf 20, selbst bei den eigenen Anhängern sind es nur 40 Prozent. Auf der anderen Seite sprechen die wirtschaftlichen Daten derzeit nicht unbedingt für die Landesregierung, im Jahr 2015 lag NRW beim Wirtschaftswachstum auf dem letzten Platz aller Länder, nur bei Verschuldung, Einbrüchen und Staulängen kommt das bevölkerungsreichste Bundesland auf Spitzenplätze.

Vor den Delegierten sagte Laschet, er wolle ein Land, das auch wirtschaftlich wieder vorne mitspiele. Wie das gelingen soll, sagte er allerdings nicht. Wie auch die anderen Parteien befürchtet er, dass die AfD vor allem im Ruhrgebiet auf Stimmenfang gehen werde, bei denen, die trotz des Aufschwungs in Deutschland keinen Job gefunden haben. "Wenn ihr euch ärgert, wählt die CDU, dann geht es auch mit dem Ruhrgebiet nach oben", lautete sein einfaches Rezept gegen gleich beide Probleme.

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