Nordkorea:Zum Äußersten bereit

Im Streit über die Raketentests drohen die USA dem Regime in Pjöngjang mit einem militärischen Eingreifen und zeigen sich enttäuscht von Chinas Vermittlerrolle.

Von Christoph Giesen und Hubert Wetzel, Washington/Peking

US-Präsident Donald Trump hat eine harte Reaktion auf jüngste Bedrohungen aus Nordkorea angekündigt. "Wir werden dem sehr entschieden begegnen", sagte Trump am Donnerstag bei seinem Besuch in Warschau. Anschließend reiste er weiter zum G-20-Gipfel nach Hamburg. Und auch dort wird Nordkoreas jüngster Raketentest auf der Tagesordnung stehen. Alle Anrainer sind anwesend: der neue südkoreanische Präsident, Japans Premier, Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping.

Wie entschlossen die USA offenbar sind, zeigen die Äußerungen von UN-Botschafterin Nikki Haley. Im Notfall werde man Nordkorea mit militärischen Mitteln zur Abkehr von seinem umstrittenen Atomprogramm zu zwingen, sagte Haley bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats am Mittwochabend.

In Washington wurde der Raketentest als eine Art sarkastisches Geburtstagsgeschenk gewertet. Am 4. Juli, an dem der Test stattfand, feiern die Vereinigten Staaten ihren Unabhängigkeitstag. Fester Bestandteil der Festivitäten ist das große Feuerwerk in der US-Hauptstadt. Dieses wurde in diesem Jahr freilich durch das Feuerwerk von Kim Jong-un in den Schatten gestellt - zumindest nachdem klar geworden war, dass der Diktator nicht wieder nur ein vergleichsweise harmloses Kurz- oder Mittelstreckengeschoss getestet hatte, sondern eine echte Interkontinentalrakete, die möglicherweise die US-Bundesstaaten Alaska oder Hawaii treffen könnte.

Das Weiße Haus hatte eigentlich gehofft, dass China derartige Provokationen Nordkoreas künftig verhindern würde. Präsident Trump hatte Nordkorea zunächst kaum verhohlen mit einem Militärschlag gedroht, war dann aber auf Diplomatie umgeschwenkt. In seinen Treffen und Gesprächen mit seinem chinesischen Kollegen Xi hatte Trump den Eindruck gewonnen - ob zu Recht oder Unrecht -, dass Peking in Zukunft mehr Druck auf Pjöngjang ausüben werde, sodass Atom- oder Raketentests ausblieben.

Ein US-Militärschlag und ein Vergeltungsangriff auf Südkorea könnte verheerende Folgen haben

Trump hatte Xi deswegen mehrmals öffentlich gelobt und aus diesem Grund auch darauf verzichtet, China offiziell als Währungsmanipulator zu brandmarken, was wirtschaftliche Strafmaßnahmen nach sich gezogen hätte. Ebenso hat Trump bisher keine Strafzölle auf Importe aus China verhängt, wie er es im Wahlkampf angekündigt hatte. Diese Sicht hat Trump offenbar wieder geändert.

Das erste sichtbare Zeichen dazu gab es vor einer Woche: Das amerikanische Finanzministerium verhängte Sanktionen gegen die Bank of Dandong, ein Institut aus Nordostchina, sowie ein chinesisches Schifffahrtsunternehmen, weil beide mit Nordkorea Handel treiben. Die USA haben demnach die Bank komplett vom US-Finanzsystem abgeschnitten Auch wurden sämtliche Vermögenswerte der Schifffahrtsgesellschaft Dalian Global Unity in den Vereinigten Staaten eingefroren. Das Unternehmen soll Kohle und Stahl zwischen China und Nordkorea transportieren. "Das war nicht gegen China gerichtet, es zielt auf Nordkorea", sagte Finanzminister Steve Mnuchin. Doch genau so wurden die Maßnahmen in Peking aufgefasst.

Der stellvertretende chinesische Finanzminister Zhu Guangyao übte am Donnerstag scharfe Kritik an den jüngsten Sanktionen. Als ständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat setze China die Resolutionen gegen Nordkorea "streng und umfassend" um, versicherte Zhu Guangyao. "Wir sind dagegen, dass Länder ihre heimischen Gesetze benutzen, um Sanktionen zu verhängen."

In Hamburg werden Xi, Trump und die anderen Staatschefs erneut über Nordkorea sprechen. Denn im Grunde steckt der US-Präsident im gleichen Dilemma, in dem schon seine Vorgänger gesteckt haben: Ein US-Militärschlag und ein Vergeltungsangriff auf Südkorea könnten verheerende Folgen für die Halbinsel haben. Eine diplomatische Lösung ist ohne China und Nordkorea jedoch nicht möglich.

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