Nordkorea:Zielsicher in die Isolation

Nach dem Mord am Halbbruder des Machthabers Kim Jong-un verprellt Nordkorea auch den letzten Partner in Ostasien. Der Streit mit Malaysia eskaliert.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Der Konflikt um den Mord an Kim Jong-nam eskaliert weiter. Pjöngjang verbot am Dienstag allen malaysischen Staatsangehörigen vorübergehend die Ausreise aus Nordkorea. Malaysia warf daraufhin dem Land vor, die eigenen Bürger als "Geiseln" festzuhalten und konterte mit einer Ausreisesperre für alle Nordkoreaner. Hintergrund des Streits ist der Mord an dem Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un Mitte Februar in Malaysia.

Pjöngjang will durch die neue Maßnahme den Angestellten von Air Koryo freipressen, der als Mittäter gilt und sich in der nordkoreanischen Botschaft in Kuala Lumpur verschanzt hält. Malaysias Polizei hat das Gebäude abgeriegelt, in dem sie noch einen Komplizen vermutet. Außerdem fordert Pjöngjang die Herausgabe der Leiche vom Halbbruder des nordkoreanischen Diktators. Es handele sich um "eine totale Missachtung internationalen Rechts und diplomatischer Normen", empörte sich Malaysias Premier Najib Razak. Elf malayische Staatsangehörige stecken in Pjöngjang fest, Diplomaten und ihre Familien. In Malaysia dagegen befinden sich etwa tausend Nordkoreaner, Gastarbeiter und Vertreter nordkoreanischer Staatsfirmen, die unter anderem Waffen verkaufen. Die will Najib nun nicht ausreisen lassen. Der Streit trifft Pjöngjang somit härter als Kuala Lumpur.

Mit dem Mord an Kim in Kuala Lumpur hat Pjöngjang seinen letzten ostasiatischen Partner gegen sich aufgebracht. Malaysia war das letzte Land, das Nordkoreaner frei einreisen ließ, nachdem Singapur voriges Jahr die Visumspflicht eingeführt hatte. Die Visa-Freiheit machte das Einschleusen von Agenten leicht; vom Flughafen Kuala Lumpur hätten diese zudem sofort untertauchen können. Die Alternative war Macao, aber dort fürchteten die Nordkoreaner die Chinesen. Auch gegenüber China zahlt Pjöngjang einen hohen Preis für das Attentat, mit dem es nicht gerechnet hat. Peking stoppte Kohleimporte aus Nordkorea, Pjöngjang verliert damit etwa einen Drittel seiner Export-Erlöse.

Am Montag testete Nordkorea Raketen. Das tut das Regime während der gemeinsamen Frühjahrsmanöver Südkoreas mit den USA immer, um seinen Unmut kundzutun. Doch anders als früher ignorierten Seoul und Washington das Säbelrasseln nicht, sondern nutzen es zusammen mit der Empörung über den Mord an Kim Jong-nam, um trotz Widerstands mit der geplanten Installierung des Raketenabwehrsystems THAAD (Terminal High Altitude Area Defense) zu beginnen. Südkoreas Opposition, die wegen des Skandals um Präsidentin Park Geun-hye den nächsten Präsidenten stellen dürfte, ist vehement gegen THAAD. Peking auch; es glaubt, das System richte sich in Wirklichkeit gegen China. Doch Kim Jong-un hat erreicht, dass Washington und Seoul Tatsachen schaffen, bevor Parks Nachfolger gewählt wird. Damit bringt er China zusätzlich gegen sich auf.

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