Nordkorea vor Parteitag:Operation "Junger General"

Nordkoreas kranker Diktator Kim Jong Il ruft die Kommunisten zusammen, um seinen Sohn zu inthronisieren. Von Kim Jong Un existieren kaum Bilder - und der Filius hat im eigenen Onkel einen mächtigen Gegenspieler.

Oliver Das Gupta

Wenig ist klar und fast alles geheimnisvoll im Reich des Kim Jong Il. Der stalinistische Machthaber Nordkoreas schottet seinen maroden Staat hermetisch von der Außenwelt ab. Nur sporadisch dringen Nachrichten aus Pjöngjang, doch in diesen Tagen ist es anders: Der Kongress der Kommunistischen Partei steht an, der erste seit 30 Jahren.

Portraits of North Korea's founder and former leader Kim Il-sung and his son and current leader Kim Jong-il are hung in Paju

Folgt bald der dritte Mann? Neben dem Porträt von Staatsgründer Kim Il Sung und dessen Sohn Kim Jong Il wäre noch Platz für Kim Jong Un.

(Foto: REUTERS)

Seit Längerem preisen die streng kontrollierten Medien das Treffen: Von einer historischen Wende ist die Rede, von einem Ereignis, das den revolutionären Massen neuen Auftrieb verleiht. Generalsekretär Kim, der "geliebte Führer", werde auftreten, Kim der größte, der perfekteste Führer, der Generalissimus, dessen Leistungen für immer strahlen werden. Die Herzen des Volkes hätten sich vor lauter Freude und Glück erwärmt, salbadert die Zeitung Rodong Shibun.

Aus allen Teilen des von Hungersnöten und Misswirtschaft gepeinigten Landes strömen die Delegierten in die herausgeputzte Hauptstadt mit ihren gigantomanischen Bauten. Dort üben längst Tausende für die Massengymnastik, um Kim und Konsorten eine Freude zu machen, berichten chinesische Medien. Im Umland Pjöngjangs wurden Militäreinheiten zusammengezogen, offenbar für eine Militärparade, die an den Parteitagsdelegierten vorbeirasseln soll.

Allein das Datum des Kongresses war lange Zeit geheim. Beobachter glaubten zunächst fest daran, dass er am 9. September zum 62. Gründungstag der Demokratischen Volksrepublik Korea abgehalten würde. Nun verkündete die staatliche Nachrichtenagentur KCN, dass am 28. September das "höchste Führungsgremium" der Partei gewählt werde.

Die Neubesetzung des Zentralkomitees dürfte die erwartete Inthronisierung von Kim Jong Un sein, Lieblingssohn des Despoten: Der Dikatoren-Sohn soll in das Gremium aufrücken und erfüllt damit formal die Voraussetzung einer Machtübernahme. Der Kongress markiert also den offiziellen Beginn der langerwarteten Stabübergabe. Kim Senior hat es eilig: Der 68 Jahre alte Diktator gilt seit Langem als schwer krank. Er soll an Diabetes leiden und nierenkrank sein, vor zwei Jahren erlitt er angeblich einen Schlaganfall.

Sohn angeblich in der Schweiz ausgebildet

Sein Filius Kim Jong Un steht offenbar schon seit seit Längerem als Machterbe fest. Der Auserkorene ist der jüngste Sohn Kims, bislang ist kaum etwas von ihm bekannt: Er soll 27 oder 28 Jahre alt sein und ging angeblich in der Schweiz zur Schule.

Südkoreanische Experten wussten bis vor gar nicht allzu langer Zeit nicht einmal, wie die korrekte Schreibweise seines Namens lautet. Auf der jüngsten China-Reise des Vaters soll der Sohn dabei gewesen sein - bestätigt ist das nicht. Ebenso existiert kein offiziöses Erwachsenen-Foto von ihm. Allein einen Beinamen gibt es: "Junger General".

Mächtiger Rivale

Kim Jong Un ist bislang ein Phantom, doch das dürfte sich bald ändern: Die Propaganda-Maschinerie läuft schon auf Hochtouren, um Kim Junior im Lande bekannt zu machen. Südkoreanische Geheimdienstquellen berichten, dass bereits im Januar anlässlich des Geburtstages von Kim Jong Un, Arbeiter und Soldaten ihre Loyalität geschworen haben. Kinderchöre üben das Lied "Fußstapfen" und andere Jubeleien, die darauf hindeuten, dass hier ein baldiger Machtübergang gepriesen werden soll.

Undated file photo of a boy identified as North Korean leader Kim Jong-il's third son Kim Jong-un

Dieses Foto eines Jungen soll nach Meinung von südkoreanischen Experten Kim Jong Un zeigen.

(Foto: REUTERS)

Die Strategie ist erprobt: Auch Kim Jong Ils Aufstieg an die Staatsspitze wurde bei einem Parteikongress - 1980 - offiziell eingeleitet. Damals führte der Staatsgründer und "Ewige Präsident" ihn offiziell als Thronfolger ein, herrschen durfte er erst später: nach Kim Il Sungs Tod 1994.

Dennoch gilt es als unsicher, ob sich Kim Jong Un auch nach dem Ableben Kims an der Macht halten kann. Es gibt einen Rivalen, der den politisch unbeschlagenen Sohn wohl leicht ausmanövrieren kann: Jang Song Thaek, seinen angeheirateten Onkel.

Dessen Frau Kim Kyong Hui ist die einzige Schwester des Diktators, auch sie wird beim Parteikongress mit im Fokus stehen. Der Despot schätzt sie: Kim Hyong Hui begleitete den Staatschef in den vergangenen zwei Jahren wiederholt bei Inlandsreisen. Derzeit ist sie innerhalb der Partei zuständig für die Leichtindustrie.

Ehemann Jang Song Thaek stieg ebenfalls in der Partei auf. Er wurde im Juni zum stellvertretenden Vorsitzenden der Nationalen Verteidigungskommission befördert. Damit ist er nach Kim Jong Il die Nummer zwei in dem mächtigen Gremium.

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