Nordkorea-USA:Der chinesische Freund

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US-Präsident Trump entdeckt, wie nützlich Peking sein kann, um Nordkorea zu bändigen - ein altes Versprechen aus dem Wahlkampf ist ihm deshalb plötzlich nicht mehr so wichtig.

Von Hubert Wetzel, Washington

Die Zeit der Geduld mit Nordkorea sei vorbei, sagte US-Vizepräsident Pence (rechts, neben seiner Tochter) während eines Besuchs in Südkorea. (Foto: Seong Joon Cho/Bloomberg)

Nordkoreas Verzicht auf einen sechsten Atomtest scheint auch den US-Präsidenten etwas milder gestimmt zu haben. Donald Trump, der dem stalinistischen Regime in Pjöngjang - und Peking - zuvor mehrmals gedroht hatte, das Nordkorea-Problem notfalls im Alleingang zu lösen, kommentierte den fehlgeschlagenen Raketentest nicht einmal, den Nordkorea am Wochenende anstelle der erwarteten nuklearen Detonation veranstaltet hatte. Stattdessen twitterte der Präsident zwei Sätze, die als kurze Beschreibung des diplomatischen Teils seiner derzeitigen Strategie gesehen werden könnten: "Warum sollte ich China bezichtigen, seine Währung zu manipulieren, wenn es mit uns zusammen am Nordkorea-Problem arbeitet? Wir werden sehen, was passiert."

Übersetzt bedeutet das: Trump hat den Eindruck - und vielleicht sogar die Zusage seines chinesischen Kollegen Xi Jinping -, dass Peking dieses Mal tatsächlich wirksamen Druck auf seinen Verbündeten Nordkorea ausübt. Die USA beklagen sich seit Jahren, China kritisiere das nordkoreanische Atomprogramm zwar deutlich, nutze die fast völlige wirtschaftliche Abhängigkeit des kleinen Nachbarlandes aber nicht als Hebel, um den Diktator Kim Jong-un in Pjöngjang zur Raison zu bringen. Trump ist nun offenbar der Ansicht, dass Peking zu mehr Härte bereit ist - zum Beispiel, indem es Ölexporte nach Nordkorea stoppt. Und vielleicht war es bereits eine Folge dieser neuen Härte, dass Kim von einem höchst provokanten Atomtest absah und sich stattdessen mit dem eher routinemäßigen Test einer für die USA ungefährlichen Rakete begnügte.

Im Gegenzug scheint Trump gewillt zu sein, China nicht offiziell als Währungsmanipulator zu brandmarken, obwohl er das im Wahlkampf immer wieder angekündigt hatte. Gleich "am ersten Tag" werde er es tun, hatte Trump als Kandidat versprochen. Damit würde die Tür für US-Strafmaßnahmen geöffnet. Doch da Trumps Vorwurf, Peking halte seine Währung zu Lasten der USA künstlich niedrig, ohnehin längst nicht mehr den Tatsachen entspricht, hat der Präsident bei diesem Thema durchaus Verhandlungsspielraum. Und gerade jetzt, da Nordkorea vorerst eingeknickt ist, wäre es schädlich, den neuen, erfolgreichen Schulterschluss mit China wegen eines alten, unsinnigen Wahlversprechens aufs Spiel zu setzen.

Vielleicht hat aber auch der zweite Teil der Strategie dazu beigetragen, Chinas Hilfsbereitschaft zu erhöhen - der militärische. US-Vizepräsident Mike Pence machte am Montag in Südkorea klar, die Zeit der "strategischen Geduld" mit Nordkorea sei vorbei. Washington wird nicht abwarten und zusehen, wie Pjöngjang Atomsprengköpfe und dazu Raketen baut, die Amerikas Westküste erreichen können. Um das zu verhindern, ist die Trump-Regierung notfalls zu einem Militäreinsatz bereit.

Trump unterstrich diese grundsätzliche Bereitschaft, als er vergangene Woche einen amerikanischen Flugzeugträger-Verband in Richtung Nordkorea schickte - seit jeher die klassische Drohgebärde amerikanischer Präsidenten. Auch die Militärschläge in Syrien und Afghanistan sollten wohl eine Botschaft vermitteln: Diese US-Regierung greift deutlich rascher zu militärischen Mitteln als die vorherige.

Im Augenblick - und solange China den nordkoreanischen Diktator zurückhält - gibt es dafür aus amerikanischer Sicht freilich keinen Grund. Trumps Sicherheitsberater H.R. McMaster sagte am Sonntag, die Vereinigten Staaten würden "alles tun, um das Schlimmste zu verhindern". Aber der ehemalige General, der als besonnen gilt, fügte noch einen kurzen Nebensatz ein: "alles, abgesehen von einer bewaffneten Auseinandersetzung".

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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