Nordkorea:Raketen und Parkplätze

Trotz Sanktionen macht Pjönjgang gute Geschäfte mit seiner Berliner Botschafts-Immobilie. Den Behörden fällt es schwer, das Treiben zu unterbinden.

Von Georg Mascolo, Berlin

Nordkoreanische Botschaft

Farbfilm vergessen: Die Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Korea in Berlin verbreitet unverändert sozialistisches Flair.

(Foto: Stefan Schaubitzer/dpa)

Manchmal ist große Weltpolitik ganz klein. Zu besichtigen ist dies in der Glinkastraße in Berlin-Mitte. Hier residiert in einem Plattenbau die nordkoreanische Botschaft, die einzige Farbe ist ein Schaukasten mit sieben Fotos. Manche verkünden vom ebenso nahen wie unvermeidlichen Sieg des Sozialismus. Drei zeigen den Start jener Raketen, die Asien an den Rand einer atomaren Krise bringen. Hinter dem Gebäude hängt ein Schild. Aufschrift: Parkplätze zu vermieten.

Raketen und Parkplätze, so sieht es jedenfalls der UNO-Sicherheitsrat, haben etwas miteinander zu tun. Die Resolution 2321 des Sicherheitsrats, die schon aus dem Jahr 2016 stammt, verbietet den diplomatischen Vertretungen Nordkoreas in aller Welt Vermietungen und Verpachtungen. Denn auch auf diesem Weg soll das klamme Regime an Devisen kommen, die wiederum für den Bau von Massenvernichtungswaffen genutzt werden.

In Berlin brummt das Geschäft. Der Sitzungssaal der Botschaft wird heute als Kongresszentrum betrieben, auf dem Parkplatz stehen Hertz-Transporter und am besten läuft es mit dem City-Hostel. Alles in allem soll Nordkorea von seinen unterschiedlichen Untermietern mindestens 40 000 Euro im Monat erhalten.

Im Mai verkündete das Auswärtige Amt, mit diesen Geschäften sei es nun vorbei, man werde die "Finanzquellen dieses Nuklearprogramms noch konsequenter austrocknen." Eine große nationale und internationale Maschinerie war dafür in Gang gesetzt worden: Erst die Resolution in New York, dann eine EU-Verordnung, schließlich die Änderung des Paragrafen 82, Absatz 1, Satz 1, der deutschen Außenwirtschaftsverordnung. Diese ermöglicht es, die Pächter mit Bußgeldern zu belegen bis sie die Geschäfte endlich aufgeben. Geändert hat sich bisher jedoch nicht viel. Der Autovermieter Hertz immerhin ist beunruhigt und hat sich schon bei den Behörden erkundigt, ob die Transporter abends tatsächlich auf nordkoreanischem Hoheitsgebiet abgestellt werden. Zumindest dieses Geschäft scheint zu wackeln, vermutlich deshalb wird schon vorsorglich nach neuen Mietern gesucht. Das City-Hostel will alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, schließlich habe man erheblich investiert. Nach der Ankündigung des Auswärtigen Amtes machte die Geschichte weltweit Schlagzeilen, CNN schickte ein Kamerateam vorbei. Dem Buchungsstand soll dies alles nicht geschadet haben. Immerhin sind die Mietzahlungen nun "eingefroren", wie der Betreiber erklärt. Weitere Auskünfte gibt es nicht. "Wir warten nun, wie die Mächte sich einigen", sagt einer der Manager am Telefon.

Um das Hostel zu schließen, könnte das Gewerbeamt helfen, aber es ist alles makellos

Erst einmal muss sich die Bundesregierung einigen, zu diesem Zweck gibt es regelmäßige Runden mit großer Teilnehmerzahl: Das Auswärtige Amt ist dabei, das Wirtschaftsministerium, außerdem die Ressorts Finanzen und Justiz. Auch der zuständige Bezirk Berlins schickt Abgesandte. Manche wollen, dass der Zoll nun endlich handelt und Bußgelder verhängt. Offizielle Verfahren aber gibt es noch nicht, der Sachverhalt sei schwierig, heißt es, die rechtliche Materie einzigartig und sehr kompliziert. Die Prüfung hält an.

Manche in der Regierung sagen, dass nur das Auswärtige Amt die Geschichte lösen könne. Zumindest das Hostel steht auf Grund und Boden, deren Eigentümer die Bundesrepublik Deutschland ist. Nordkorea verfügt nur darüber, weil die DDR 1965 einen entsprechenden Überlassungsvertrag unterzeichnete. Ost-Berlin und Pjöngjang konnten immer gut miteinander. Während des Korea-Krieges wurde in der DDR Geld gesammelt, "Wer Korea hilft, hilft Deutschland", schrieb das Neue Deutschland. Die Kim-Clique hat das nie vergessen. Das Angebot, ins Exil nach Pjöngjang zu gehen, lehnte Erich Honecker dennoch ab.

Die Bundesregierung könnte den Überlassungsvertrag kündigen, aber da gibt es dann doch übergeordnete Gründe. In Pjöngjang verfügt das Auswärtige Amt - weil dies eine Vereinbarung auf Gegenseitigkeit ist - über ähnlich großzügige Flächen. Inzwischen haben dort Briten und Schweden ihre Botschaften, die Franzosen betreiben ein "Kooperationsbüro". Wohin mit den deutschen Untermietern? Und schließlich, so heißt es im Auswärtigen Amt, müsse man gerade in diesen Zeiten die diplomatischen Kanäle offen halten.

Manchmal hilft in solchen Fällen noch das Gewerbeamt, Schimmel an den Wänden, verdorbenes Essen, so etwas könnte reichen, um zumindest das City-Hostel zu schließen. Aber alles ist makellos.

Bis zur endgültigen juristischen Klärung versucht es das Auswärtige Amt deshalb weiter auf vertrautem Wege: Mündlich und schriftlich wird die Botschaft aufgefordert, die Geschäfte zu beenden. Die jüngste Ermahnung stammt vom vergangenen Dienstag. Bisher sind diese so erfolgreich wie die Noten, mit denen die deutschen Diplomaten ein Ende der Raketen-Tests und der nuklearen Aufrüstung fordern. Nordkorea ist auf beiden Ohren taub.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: