Nordkorea-Krise:Telefonat gegen "Feuer und Zorn"

Nordkorea-Krise: Nahe der amerikanischen Botschaft in Seoul fanden am Samstag Proteste gegen die Stationierung eines US-Raketenabwehrsystems in Südkorea statt.

Nahe der amerikanischen Botschaft in Seoul fanden am Samstag Proteste gegen die Stationierung eines US-Raketenabwehrsystems in Südkorea statt.

(Foto: Ahn Young-Joon/AP)

Nach Trumps Kriegsdrohungen gibt es Bemühungen, die Krise zu entschärfen. Chinas Präsident schaltet sich ein, der US-Generalstabschef und Südkoreas Präsident verhandeln.

Von Christoph Neidhart und Kai Strittmatter, Peking

China und die USA tauschen sich weiter über ein mögliches koordiniertes Vorgehen gehen Nordkoreas Atomwaffenprogramm aus. In einem Telefonat am Wochenende forderte Chinas Präsident Xi Jinping dabei den US-Präsidenten Donald Trump auf, "Worte und Taten" zu vermeiden, welche die Lage verschlimmern könnten. Die Mahnung zur "Zurückhaltung" und zu mehr Diplomatie kam nach einer Woche, in der Trump zumindest rhetorisch eine Eskalation betrieb mit der Drohung, er könne "Feuer und Zorn" auf Nordkorea regnen lassen. Trump versucht, in dem Konflikt China auf seine Seite zu ziehen. Gleichzeitig kündigte die US-Regierung nun an, sie werde von Montag an prüfen lassen, inwieweit China sich in den vergangenen Jahren der Urheberrechtsverletzung schuldig gemacht habe. Ein Schritt, der das Potenzial hat, erhebliche Unruhe in die bilateralen Beziehungen zu bringen. Ebenfalls an diesem Montag trifft in Peking US-Generalstabschef Joseph F. Dunford Jr. zu Gesprächen ein. Er will anschließend auch Südkorea und Japan besuchen. Danach wird Südkoreas Präsident in Peking erwartet.

Von Montag an wollen die USA die Handelsbeziehungen zu China auf den Prüfstand stellen

Trump macht seit Monaten kein Hehl daraus, dass er findet, China könnte weit mehr Druck auf seinen Alliierten Nordkorea ausüben. Anders als seine Vorgänger hat er dabei explizit das Thema Nordkorea mit den chinesisch-amerikanischen Handelsbeziehungen verknüpft. "Wenn China uns hilft, dann habe ich eine ganz andere Einstellung zum Handel", sagte er vergangene Woche. Trump will am Montag nun ein Memorandum unterzeichnen, das den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer beauftragt zu prüfen, inwieweit Chinas Gesetze oder Handelspraktiken amerikanischen Technologien oder Urheberrechten geschadet haben. Presseberichten aus Washington zufolge kann diese Untersuchung allerdings bis zu einem Jahr dauern und entweder zu einseitigen Sanktionen der USA führen oder aber auch zu Verhandlungen und zu einer Einigung mit China. Das aber ist verglichen mit Trumps oft wütenden Androhungen scharfer Sanktionen gegen China ein vorerst maßvoller Schritt. Die Trump-Regierung scheint damit China erst einmal Zeit geben zu wollen, sich als Partner im Nordkorea-Konflikt zu beweisen. Die Erklärung des Weißen Hauses nach dem Telefonat zwischen Xi und Trump am Samstag betonte denn auch die Gemeinsamkeiten: Beide Seiten seien sich einig, "dass Nordkorea sein provozierendes und eskalierendes Verhalten einstellen soll".

China hatte zuletzt eine neue Runde von UN-Sanktionen gegen Nordkorea mitgetragen. Das ist deshalb von Bedeutung, weil über China mittlerweile 90 Prozent des nordkoreanischen Außenhandels laufen. China und Nordkorea misstrauen einander, allerdings ziehen Chinas Führer noch immer ein stabiles Nordkorea einem Regimesturz vor. Sie fürchten Chaos, Bürgerkrieg und US-Truppen an ihren Grenzen. Die Frage ist deshalb, wie weit Peking gehen würde, um Nordkorea unter Druck zu setzen.

Xi befindet sich derzeit im renommierten Badeort Beidaihe, drei Stunden östlich von Peking. Dort trifft sich traditionell die Führung der KP zur Sommerenklave. In diesem Jahr ist das Treffen in Beidaihe von besonderer Bedeutung, da der wichtige Parteitag im Herbst vorbereitet wird. Beobachter rechnen damit, dass vor diesem Parteitag ohnehin keine großen Richtungswechsel in der Außenpolitik mehr beschlossen werden. Wie südkoreanische und japanische Medien melden, hat Peking allerdings seinen für Nordkorea zuständigen Chefunterhändler ausgetauscht: Der 71-jährige Wu Dawei macht demnach Platz für den Japanexperten Kong Xuanyou, einen bislang wenig bekannten Karrierediplomaten, der selbst koreanische Wurzeln hat.

Pjöngjang hat seit vergangener Woche mehrere Großkundgebungen veranstaltet gegen die neuen UN-Sanktionen, diese "flagrante Verletzung der Souveränität" Nordkoreas. Die Parteizeitung Rodong Sinmun griff den neuen südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in an: "Seine Regierung kriecht vor ihrem US-Boss, der sagt, es sei ihm egal, wenn in diesem Land Tausende Menschen sterben." Seoul müsse aufhören, die "USA als Retter zu sehen". Doch das ist für nordkoreanische Verhältnisse moderate Propaganda. Dafür trommelt Pjöngjang neuerdings mit der Behauptung, es verfüge nun über Waffen, die ihm die Überlegenheit über die USA verliehen.

Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo am Sonntag aus Pjöngjang berichtete, gebe es aber keinerlei Anzeichen für Kriegsvorbereitungen. Die Menschen reagierten empört auf die Sanktionen, nähmen Trumps Drohungen aber nicht ernst. Bis Donnerstag finden in Pjöngjang und am Paektu, dem "Heiligen Berg der nordkoreanischen Revolution" Feierlichkeiten zum 105. Geburtstag von Staatsgründer Kim Il-sung, zum 75. seines Sohnes Kim Jong-il und zum fünften Amtsjubiläum von Enkel Kim Jong-un statt. Anlässlich solcher Ereignisse lässt es sich Pjöngjang normalerweise nicht nehmen, besonders laut mit dem Säbel zu rasseln.

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