Nordkorea: Clintons Reise zu Kim Jong Il:"Mission Accomplished"

Nordkorea feiert einen Propagandasieg und Amerika die sichere Heimkehr der beiden Journalistinnen. Bei Clintons Mission ist es aber um mehr gegangen, als das Schicksal der Frauen.

Wolfgang Jaschensky

Bill Clinton bringt die Journalistinnen nach Hause, titeln die Zeitungen in den USA. "Mission Accomplished", jubelt selbst der konservative Nachrichtensender Fox News. Die Landung des Flugzeugs auf dem Flughafen von Burbank der nähe von Los Angeles überträgt CNN live als "Breaking News". Die amerikanischen Medien haben an diesem Tag nur ein Thema - den dramatischen und erfolgreichen 20-Stunden-Einsatz des früheren Präsidenten in Nordkorea.

Bill Clinton, Nordkorea, Kim Jong Il, AP

"Mission Accomplished": Bill Clinton steigt in das Flugzeug, das ihn und die beiden freigelassenen Journalistinnen nach Los Angeles bringen soll.

(Foto: Foto: AP)

Nach mehr als vier Monaten Haft können Laura Ling und Euna Lee das Land des Diktators Kim Jong Il verlassen, wo sie eigentlich zu zwölf Jahren Arbeitslager verurteilt waren. Wenn der einstige US-Präsident mit den beiden aus nordkoreanischer Gefangenschaft entlassenen Journalistinnen in Los Angeles landet, werden endlich neue Bilder zur guten Nachricht geliefert.

Doch von Anfang an war klar, dass bei dem Einsatz des Ex-Präsidenten in dem kommunistischen Land mehr auf dem Spiel steht als das Schicksal der beiden Frauen. Die Visite Clintons in Nordkorea war der öffentlichkeitswirksamste Besuch eines Amerikaners in Nordkorea seit fast einem Jahrzehnt.

Im Jahr 2000 war Madeleine Albright, damals Außenministerin des amtierenden Präsidenten Clinton nach Pjöngjang gereist. Doch seit Bushs Präsidentschaft haben sich die Beziehungen zwischen den USA und dem Land, dessen Bevölkerung unter dem Steinzeitkommunismus des Regimes und internationalen Sanktionen leidet, dramatisch verschlechtert. Im Streit um Nordkoreas Nuklearprogramm sind die diplomatischen Kontakte zwischen den beiden Ländern auf Eis gelegt.

Dem Regime in Nordkorea ging es bei der Visite Clintons wohl am wenigsten um das Schicksal der Journalistinnen. Machthaber Kim Jong Il muss es als Geschenk empfunden haben, dass ihm die beiden Frauen in seine Hände fielen - sie versprachen nach außen Aufmerksamkeit und nach innen prächtige Propaganda; der Diktator wird es verstehen, den Besuch Clintons als Kniefall der Weltmacht zu verkaufen.

Die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA meldete bereits, der einst mächtigste Mann der Welt habe sich im Namen der Frauen entschuldigt. Bei dem Gespräch habe es einen "weitreichenden Meinungsaustausch" gegeben, außerdem habe Clinton eine mündliche Botschaft von US-Präsident Barack Obama übermittelt.

Die Wahrheit hinter der diplomatischen Botschaft

Das Dementi Washingtons ließ nicht lange auf sich warten. Von Anfang an war das Weiße Haus peinlich genau darum bemüht, dem Besuch Clintons nicht den Hauch eines offiziellen Charakters zu geben. Gebetsmühlenartig schallte es aus dem Weißen Haus, dass es sich bei Clintons Besuch in Nordkorea um eine "ausschließlich private Reise" handle. Nicht einmal ein Gespräch zwischen Obama und Clinton habe es vor der Reise gegeben.

Nordkorea: Clintons Reise zu Kim Jong Il: Euna Lee, eine der beiden aus Nordkorea heimgekehrten Journalistinnen, umarmt nach ihrer Ankunft am Flughafen Burbank ihren Mann und ihre Tochter.

Euna Lee, eine der beiden aus Nordkorea heimgekehrten Journalistinnen, umarmt nach ihrer Ankunft am Flughafen Burbank ihren Mann und ihre Tochter.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Wahrheit hinter der diplomatischen Botschaft ist eine andere, denn natürlich wird der Besuch Clintons auch in Washington nicht als Privatreise gesehen. Mit in Pjöngjang war auch ein Mann, der zum engsten Beraterkreis von US-Präsident Barack Obama zählt: John Podesta, Clintons letzter Stabschef im Weißen Haus und Leiter von Obamas Übergangsteam.

Vor allem aber die Prominenz des Chefunterhändlers und seine offensichtliche Verbindung zur Außenministerin geben der Mission einen quasioffiziellen Status. Bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus fragte ein Journalist, ob dies heiße, dass Außenministerin Hillary Clinton nichts von der Reise ihres Mannes wisse. Die Antwort des schmunzelnden Sprechers: Kein Kommentar.

Gleichzeitig sickern immer mehr Details über die Vorgeschichte des Einsatzes Clintons durch. Aus Regierungskreisen verlautete, die Begnadigung sei schon vor Clintons Visite vereinbart worden. Der Ex-Präsident habe erst nach der Zusage die Reise angetreten.

In diese Gespräche war offenbar auch die Regierung direkt eingebunden: Washington Post und New York Times berichten, dass Regierungsbeamte aus dem Weißen Haus und dem US-Außenministerium inoffiziell mit Pjöngjang verhandelt hätten.

Offenbar hat die US-Regierung auch versucht, Nordkorea mit einem weniger prominenten Politiker zu beehren als Bill Clinton. Immer wieder wurden der Gouverneur New Mexicos, Bill Richardson, und die früheren demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry und Al Gore genannt.

Doch offensichtlich ist es Kim Jong Il gelungen, seinen Wunschpartner durchzusetzen - das politische Schwergewicht Bill Clinton.

Jetzt hofft Washington, dass sich die erfolgreiche Befreiung der Journalistinnen und der Propagandaerfolg Nordkoreas auf die diplomatischen Beziehungen positiv auswirken. US-Medien zitieren bereits Beamte, die die Hoffnung äußern, Clintons Reise könnte bilateralen Gesprächen den Weg ebnen. So könnte, so die kühnen Hoffnungen in Washington, Clintons Einsatz den Weg für eine Lösung des Konflilkts geebnet haben.

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