Nordafrikareise:Merkel befürchtet neue Fluchtrouten

In Ägypten sagt die Kanzlerin Kairo Hilfe bei der Grenzsicherung und einen Millionenkredit zu.

Von Stefan Braun und Paul-Anton Krüger, Kairo

Kanzlerin Angela Merkel hat Ägypten bei ihrem Besuch in Kairo Unterstützung für Reformen der maroden Wirtschaft, bei der Betreuung von Flüchtlingen und der Sicherung der Grenzen zugesagt. "Unser Ziel ist, diesem wichtigen Land zu helfen, und die Entstehung neuer Fluchtrouten zu verhindern", sagte Merkel. Mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi sprach sie auch über eine engere Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung und der Bewältigung der Migration über das Mittelmeer. Ein Flüchtlingsabkommen nach dem Vorbild der Türkei ist bis auf Weiteres nicht im Gespräch, wie beide zu erkennen gaben. Auf eine Frage nach der möglichen Einrichtung von Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Nordafrika stellte die Kanzlerin klar: "Es geht nicht darum, dass Menschen, die gar nicht aus Ägypten gekommen sind, von Ägypten zurückgenommen werden."

Ägypten spielt als Herkunftsland für Migranten bisher nur eine geringe, wenn auch zunehmende Rolle. Die Mehrzahl der Menschen, die über das Mittelmeer Europa erreichen, brechen im benachbarten Libyen auf. Die Bundesregierung will Ägypten helfen, die schwer zu überwachende Grenze zu schützen. Über sie gelangen sowohl Extremisten nach Ägypten als auch umgekehrt Schlepperbanden und zumindest eine gewisse Zahl von Migranten nach Libyen. Merkel lobte die Initiative Ägyptens, zusammen mit Tunesien und Algerien die politische Krise in Libyen zu überwinden.

Wie schon 2017 will Berlin dem Land am Nil auch 2018 einen ungebundenen Kredit von 250 Millionen Euro gewähren. Damit soll ein Programm des Internationalen Währungsfonds (IWF) abgefedert werden, der Ägypten einen Kredit von zwölf Milliarden Dollar gewährt, im Gegenzug aber harte Wirtschaftsreformen verlangt, darunter den Abbau von Subventionen. Die Bundesregierung ist daran interessiert, zusammen mit anderen EU-Staaten zu verhindern, dass wegen der tiefsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten und der sozialen Härten künftig auch viele Ägypter Richtung Europa aufbrechen. Sie wollen zugleich vermeiden, Einfluss gegenüber China zu verlieren, das sich stark in Ägypten engagiert. Beigelegt wurde der Streit über die Arbeit der parteinahen deutschen Stiftungen in Ägypten. Es sei gelungen, "die Grundsätze für ein Zusatzabkommen zum Kulturabkommen zu vereinbaren", sagte Merkel. Es enthält eine Klausel über Altfälle, die entkriminalisiert werden sollen. Daran knüpft sich die Hoffnung, dass Haftstrafen gegen zwei Mitarbeiter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung aufgehoben werden. Die Stiftungen wären von einem in Vorbereitung befindlichen neuen, restriktiven Gesetz über die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen ausgenommen. Ägypten erhält aber dennoch weitreichende Kontrollrechte. Zur Lage der Menschenrechte in Ägypten sagte die Kanzlerin, eine offene Zivilgesellschaft stärke die Widerstandfähigkeit einer Gesellschaft gegen Extremisten. Sisi hielt ihr entgegen, an die Menschenrechte könnten in Ägypten wegen der Bedrohung durch den Terrorismus nicht Maßstäbe wie in Europa angelegt werden.

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