Noch eine Affäre:Koch drang auf großzügige Visa-Erteilung für Chinesen

Lesezeit: 1 min

In der Affäre um vielfachen Visa-Missbrauch hat CDU-Chefin Merkel Außenminister Fischer hart attackiert. Inzwischen wurde jedoch bekannt, dass auch Merkels Parteifreund Roland Koch involviert ist. Der forderte von Fischer noch 2004 eine zügige Vergabe von Einreisevermerken an chinesische Touristen.

Angela Merkel kritisierte Fischer zum Abschluss des CDU-Landtagswahlkampfs in Kiel. Schlamperei unter der Verantwortung des Ministers habe eine "Form der modernen Sklaverei" möglich gemacht, sagte Merkel .

Unterdessen rückte die erleichterte Visa-Vergabe in China in den Blickpunkt. Während das Auswärtige Amt vor möglichem Missbrauch warnte, setzte sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) für die zügige Erteilung von Einreisevermerken an chinesische Touristen ein.

Koch setzte sich noch Mitte Oktober 2004 bei Außenminister Fischer für eine großzügige Visa-Handhabe nach dem in der Visa-Affäre umstrittenen Reisebüroverfahren ein.

"Im europäischen Wettbewerb um die wachsende Zahl chinesischer Gäste ist die zeitnahe Visa-Erteilung ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Faktor", heißt es in dem Schreiben.

Die durch die EU erleichterte Visa-Erteilung für Reisende aus China könnte nach Befürchtungen des AA "für Visumserschleichungen missbraucht werden" hatte die Welt berichtet.

Deutschen Sicherheitsbehörden lägen Hinweise vor, dass chinesische Tourismusunternehmen und Speditionen von Schleusern gezielt unterwandert und genutzt werden können.

Mit einem seit September 2004 angewendeten Abkommen zwischen EU und China wurde das Reisebüroverfahren für 13 Schengenstaaten vereinbart.

Dabei werden für Gruppenreisen Visa über bei der chinesischen Regierung akkreditierte chinesische Reisebüros vergeben, ohne dass die Antragsteller persönlich vorsprechen müssen. Dieses Verfahren galt als eines der Einfallstore beim Visa-Missbrauch in der Ukraine.

Seit der Reiseerleichterung ist die Zahl der Visaanträge bei der deutschen Botschaft in Peking stark gestiegen. Koch schrieb an Fischer: "Es sollte im gemeinsamen Interesse von Bund und Ländern liegen, die Ausstellung der Visa so zu gestalten, dass sie nicht zu einem Nadelöhr für chinesische Touristen wird."

Hessen sei bei den Übernachtungen chinesischer Gäste führend in Deutschland und wolle diesen Vorsprung ausbauen. Der Ministerpräsident geht dabei davon aus, dass Reisende aus China "auch unter Sicherheitsaspekten nicht zu den Problemgruppen gehören".

AA-Staatssekretär Jürgen Chrobog hatte dagegen im Dezember vorigen Jahres in einem Brief an das Bundesinnenministerium Befürchtungen über möglichen Missbrauch geäußert. Die Bundesregierung regte nach AA-Angaben darüber hinaus in Brüssel an, das Abkommen mit China monatlich von der EU überprüfen zu lassen.

© dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: