Nobelpreis für Chemiewaffen-Kontrolleure:Frieden mit sich selbst

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Würdigung für die Arbeit der Inspektoren in Syrien: Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (englisch abgekürzt OPCW) erhält den Friedensnobelpreis. Im Bild: Ein technischer Mitarbeiter der OPCW mit Gasmaske und Schutzanzug in Den Haag.

(Foto: AFP)

Kein Über-Preisträger, der die Hoffnungen nur enttäuschen kann: Das Nobelpreis-Komitee hat eine sichere Wahl getroffen. Das ändert nichts daran, dass die OPCW die Auszeichnung verdient hat. Denn ihre Existenz erinnert uns daran, wie viel sicherer die Erde durch die bindende Kraft des Rechts wurde.

Ein Kommentar von Stefan Kornelius

Das norwegische Nobelpreis-Komitee hat in diesem Jahr seinen Frieden gemacht: mit sich selbst. Jahr um Jahr suchte die Jury einen Über-Kandidaten für den Friedensnobelpreis, einen Preisträger, der die Auszeichnung politisch aufladen konnte und ihr damit noch mehr Bedeutung zukommen ließ als sie eh schon hat.

Die Reihe dieser politisierten Preisträger führt US-Präsident Barack Obama an, der am Tag der Verkündung vor vier Jahren schon wusste, dass die Auszeichnung so viel Fluch wie Segen sein würde. Die Europäische Union durfte sich 2012 über die Würdigung aus Oslo freuen, um selbstverständlich binnen eines Jahres gleich mehrfach gegen die hehren Erwartungen zu verstoßen, die sich bei der Vorstellung einer friedfertigen Welt in den Köpfen festgesetzt haben.

Nun hat das Nobelpreis-Komitee eine sichere Wahl getroffen. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ist nun wirklich keine politische Gruppierung. Es handelt sich um eine intergouvernementale Organisation, die immer nur so stark sein wird wie ihre Mitgliedsstaaten erlauben.

Einen eigenen politischen Willen wird sie nicht entwickeln können, aber sie kann auf die Einhaltung und Durchsetzung der Verträge achten. Die Abrüstung von Chemiewaffen ist weitgehend unumstritten, die Arbeit bleibt verdienstvoll und gefährlich. Dafür muss und darf die OPCW gewürdigt werden. Aber der Preis gibt dieser Organisation nun nicht mehr Schlagkraft oder gar ein politisches Gesicht.

Ein bisschen mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung

Bald wird es einhundert Jahre her sein, dass die Menschheit die Grauen von Giftgas in einem Massenkrieg erfahren musste. Aus dieser Erfahrung entstand das erste vertragliche Kontrollregime für Massenvernichtungswaffen. Es hat sich - mit einigen Ausnahmen - als bemerkenswert stabil erwiesen.

Vor wenigen Monaten zauderte die Weltgemeinschaft, als im syrischen Bürgerkrieg das Giftgas des Regimes eingesetzt wurde. Die Großmächte USA und Russland stolperten mehr zufällig als gezielt hin zu einer Vereinbarung, die nun auch das syrische Arsenal der Kontrolle der OPCW unterwirft.

Das Nobel-Komitee beschert den Chemiewaffen-Kontrolleuren nun ein bisschen mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung für eine heikle Aufgabe in Syrien. Wenn diese Wahl den Rest der Welt auch noch daran erinnerte, wie wertvoll multilaterale Vereinbarungen sind und wie viel sicherer die Erde wurde durch die bindende Kraft des Rechts - dann hätte der Friedensnobelpreis wieder einmal einen kleinen, bescheidenen Beitrag zu diesem Frieden geliefert.

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