Nigeria:Wählen am Abgrund

Ein früherer Diktator als Hoffnungsträger? Das zeigt, wie tief das Land unter der jetzigen Regierung gesunken ist.

Von Tobias Zick

Zum Schluss geben sie sich plötzlich friedfertig: Nigerias Präsident Goodluck Jonathan und sein Herausforderer Muhammadu Buhari haben am Donnerstag, dem letzten Tag des Wahlkampfes, ihre Anhänger aufgerufen, von Massakern an der Gegenseite abzusehen, unabhängig vom Wahlausgang. Dass solche Appelle in dem westafrikanischen 177-Millionen-Einwohner-Land Wirkung zeigen, darf aber bezweifelt werden. Die Stimmung ist vielerorts gespannt wie selten zuvor, und beide Seiten haben im Wahlkampf die ethnischen und religiösen Ressentiments angeheizt.

Selbst wenn die Wahl am Samstag wie geplant und ohne allzu viel Blutvergießen stattfindet - für die Mehrzahl der Bürger in Afrikas bevölkerungs- und ölreichstem Land gibt es wenig Anlass zu großem Optimismus. Das Militär, das erst 1999 die Macht formal an eine zivile Regierung übergeben hat, übt kaum verhohlenen Druck auf die demokratischen Institutionen aus. Das jüngste Beispiel dafür war der Aufschub der Wahl um sechs Wochen, den die Armeeführung der nationalen Wahlkommission aufgenötigt hatte.

Und die Wahl zwischen Jonathan und Buhari ist kaum mehr als die Wahl zwischen zwei Übeln. Die Tatsache, dass viele Nigerianer den Herausforderer - einen 72-jährigen ehemaligen Militärdiktator - als Hoffnungsträger für einen "Wandel" sehen, zeigt vor allem, wie tief das Land unter dem Amtsinhaber gesunken ist.

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