Nigeria:Massenentführung vor der Wahl

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Die Terrorgruppe Boko Haram verschleppt Hunderte Frauen und Kinder - wenige Tage vor der Präsidentenwahl.

Unmittelbar vor der Wahl in Nigeria an diesem Samstag hat die islamistische Terrormiliz Boko Haram im Nordosten des Landes offenbar erneut Hunderte Frauen und Kinder entführt. Ein Beamter im Bundesstaat Borno sprach von bis zu 350 Geiseln, in Medienberichten war sogar von bis zu 500 Verschleppten die Rede, die die Terroristen aus dem Ort Damasak entführt hätten. Soldaten aus Niger und Tschad hatten Boko Haram Anfang März nach dreieinhalb Monaten aus Damasak vertrieben. Der erneute Angriff der Miliz wird als Racheakt interpretiert.

Ein Regierungssprecher wies die Berichte zurück: Es gebe keine neuen Entführungen in Damasak. Die Milizionäre hätten aber weiterhin jene Bewohner in ihrer Gewalt, die sie bei ihrem ersten Angriff auf den Ort als Geiseln genommen hätten. Weibliche Geiseln werden von Boko Haram als Sklaven gehalten oder zwangsweise mit Kämpfern verheiratet. Viele der oft minderjährigen Selbstmordattentäter der vergangenen Monate sollen Entführte gewesen sein.

Boko Haram terrorisiert seit 2009 vorrangig den Nordosten Nigerias und hat seither mindestens 13 000 Menschen getötet. Beobachter und große Teile der Bevölkerung werfen der Regierung und der Armee des Landes vor, die Bedrohung zu lange ignoriert zu haben. Seit wenigen Wochen beteiligen sich Einheiten aus den Nachbarländern Niger, Tschad und Kamerun an dem Kampf der nigerianischen Armee gegen die Gruppe, die dadurch militärisch stark unter Druck geraten ist.

Die Präsidentschaftswahl sollte bereits im Februar stattfinden, war wegen der anhaltenden Gewalt aber um sechs Wochen verschoben worden. Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem amtierenden Staatschef und seinem Herausforderer Muhamadu Buhari voraus. Der Christ Jonathan und der Muslim Buhari stehen für die Spaltung des Landes in den christlich geprägten, ölreichen Süden und den muslimischen Norden. Amtsinhaber Jonathan hatte sich vor allem durch seine Entscheidung Respekt verschafft, bewährte Technokraten ins Kabinett zu holen. Zur Last gelegt wird ihm seine Untätigkeit gegenüber Boko Haram. Zudem muss ein Großteil der Menschen in Afrikas größter Wirtschaftsmacht mit weniger als 90 Cent pro Tag auskommen. Buhari gilt als persönlich integer, doch Gegner erinnern auch an seine autoritäre Militärherrschaft in den Achtzigerjahren.

© SZ vom 26.03.2015 / dpa, epd, AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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