Niedersachsen:Gabriel: Weils Vorgehen völlig normal

"Ich hätte mich exakt genauso verhalten" - der Außenminister verteidigt den Ministerpräsidenten in der VW-Affäre. Parteien in dem Bundesland einigen sich auf Neuwahlen am 15. Oktober.

Von Thomas Hahn, Max Hägler und Klaus Ott, Hannover

Regierungskrise Niedersachsen

Regierungschef und VW-Aufsichtsrat: Stephan Weil (SPD, bei einem Auftritt am Sonntag) wird wegen seines Umgangs mit der Doppelrolle kritisiert.

(Foto: Peter Steffen/dpa)

Außenminister Sigmar Gabriel hat Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (beide SPD) im Streit um dessen Regierungserklärung vom Oktober 2015 zur Abgasaffäre bei Volkswagen in Schutz genommen. Gabriel bezeichnete es als "völlig normal", dass Weil seine Rede durch den Autokonzern auf rechtlich angreifbare Aussagen prüfen ließ. "Die Vorwürfe gegenüber Herrn Weil finde ich abenteuerlich. Ich hätte mich - ich war Ministerpräsident in Niedersachsen, ich war auch mal im Aufsichtsrat bei VW - exakt genauso verhalten", sagte Gabriel am Montag.

Niedersachsen ist Anteilseigner von VW, Ministerpräsident und Wirtschaftsminister sitzen im Aufsichtsrat. Im Oktober 2015 hatte VW eine "Clearingstelle" eingerichtet, um alle öffentlichen Äußerungen des Konzerns zur Abgasaffäre zu prüfen. Der Aufsichtsrat schloss sich an. Unter diesen Umständen ließ Weil auch seine Regierungserklärung vom 13. Oktober prüfen.

Niedersachsens Regierung hat den Wirtschaftsausschuss des Landtags nach Informationen von SZ, NDR und WDR bereits im September 2016 vertraulich über diese Praxis informiert. CDU und FDP sahen damals keinen oder kaum Anlass zur Kritik. Seinerzeit sagte der CDU-Abgeordnete Dirk Toepffer: Wie sich ein Kabinettsmitglied als Aufsichtsrat von VW öffentlich über das Unternehmen äußere, sei "kein Problem nur der amtierenden Landesregierung". Das liege am "gesamten Konstrukt". Für die FDP sagte damals Fraktions-Vize und Ex-Wirtschaftsminister Jörg Bode, es sei schön, den Wortlaut der zwischen Regierung und VW hin- und hergeschickten Redeentwürfe von Weil einmal lesen zu dürfen. "Das wäre aber, ehrlich gesagt, nicht notwendig gewesen." So genau habe man das gar nicht wissen wollen. Heute kritisieren CDU und FDP den SPD-Politiker Weil vehement, bis hin zu Rücktrittsforderungen. Das Protokoll der damaligen Sitzung offenbart starke Spannungen zwischen Regierung und VW. Die Regierung drängte den Autokonzern vergeblich zu mehr Offenheit in der Abgasaffäre.

Unterdessen haben sich Weil, Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) und die Spitzen der vier Landtagsfraktionen auf den 15. Oktober als Neuwahltermin geeinigt. In einem Gespräch mit Landeswahlleiterin Ulrike Sachs stellten die Parteien laut Busemann fest, dass die Option, die Landtagswahl parallel zur Bundestagswahl am 24. September stattfinden zu lassen, "rechtlich höchst waghalsig" wäre. Weil sagte, der 15. Oktober sei der "frühestmögliche Zeitpunkt" und garantiere "rechtssichere Wahlen". Es ist das letzte Wochenende der niedersächsischen Herbstferien.

Die Neuwahlen sind nötig, weil die Landtagsabgeordnete Elke Twesten am Freitag überraschend von den Grünen zur CDU-Fraktion gewechselt war. Dadurch verlor die rot-grüne Regierung ihre Mehrheit von einer Stimme. Landtagspräsident Busemann kündigte an, das Parlament werde am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um sich erstmals mit seiner geplanten Auflösung zu beschäftigen. Dazu soll es dann am 21. August kommen, um eine vorzeitige Neuwahl zu ermöglichen.

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