Niederlande:Regierung distanziert sich von Anti-Koran-Film

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Allen Warnungen zum Trotz hat der umstrittene Rechtspopulist Wilders seinen Film über den Koran ins Internet gestellt. Premier Balkenende sagte, der Film wolle "nur beleidigen". Dänischer Mohammed-Karikaturist geht vor Gericht.

Der rechtsgerichtete niederländische Politiker Geert Wilders sorgte schon öfter mit islamfeindlichen Parolen für Aufsehen. Am Donnerstag hat er seinen Anti-Koran-Film im Internet veröffentlicht. Untermalt mit Bildern von Hinrichtungen und Attentaten muslimischer Extremisten brandmarkt Wilders den Koran als "faschistisches Buch". Für ihn sei die Schrift des Islams mit Adolf Hitlers "Mein Kampf" vergleichbar, hatte Wilders erklärt.

Ein Screenshot des Films (Foto: Foto: AFP)

Wilders behauptet in dem etwa 15 Minuten dauernden Streifen, der Islam wolle alles beherrschen und unterwerfen sowie die westliche Zivilisation "vernichten". Zum Beleg zieht er Verse aus dem Koran über den Umgang mit nicht islamischen Menschen an und zeigt dazu Bilder muslimischer Prediger, die zur Ermordung von "Ungläubigen" aufrufen.

Im Nachspann gibt Wilders zwar seine Quellen an, jedoch ist es dem Betrachter nicht möglich, zu beurteilen, ob aneinandergefügte Szenen tatsächlich zusammengehören. Auch zeigt Wilders Schlagzeilen niederländischer Zeitungen, deren Wahrheitsgehalt offenbleibt.

Die Regierung in Den Haag zeigt sich seit Wochen besorgt, dass der Film Racheakte im eigenen Land sowie gegen niederländische Bürger und Einrichtungen in anderen Ländern auslösen könnte.

Der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende kritisierte den Film am Donnerstagabend. "Der Film setzt den Islam mit Gewalt gleich", erklärte Balkenende. "Das weisen wir zurück. Wir bedauern, dass Herr Wilders diesen Film veröffentlicht hat. Wir glauben, er dient keinem anderen Zweck, als zu beleidigen."

Der Fraktionsvorsitzende der regierenden Christdemokraten, Pieter van Geel, nannte den Film "gemein und verletzend". Eine Sprecherin der mitregierenden Sozialdemokraten sagte, Wilders stelle bereits bekannte Szenen so zusammen, dass sie "angsteinflößend" wirken. Die Zeitung de Volkskrant kommentierte, der Film gleiche den Propagandamethoden, mit denen totalitäre Regime Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufhetzen.

Aus Furcht vor gewalttätigen Protesten hatte die Polizei den Parlaments- und Regierungssitz in Den Haag am Donnerstagabend abgeriegelt. Es blieb jedoch zunächst völlig ruhig.

Dänischer Mohammed-Karikaturist geht vor Gericht

Unterdessen will der dänische Karikaturist Kurt Westergaard gerichtlich gegen den Anti-Islam-Film vorgehen. Das kündigte Dänemarks Journalistenverband am Freitag in Kopenhagen an. Wilders habe die international bekannte Mohammed-Karikatur Westergaards ohne Genehmigung verwendet.

Man distanziere sich in aller Form davon, dass die Zeichnung mit dem Propheten Mohammed als Terrorist mit einer Bombe im Turban "für politische Propaganda missbraucht wird", sagte Verbandschef Mogens Bjerregård. Westergaard sagte im Rundfunk, Wilders habe die Karikatur "in einem völlig falschen Zusammenhang für eigene Zwecke benutzt und deshalb missbraucht".

Lange geplanter Film

Wilders, Vorsitzender der von ihm gegründeten "Partei für die Freiheit" (PVV), hatte den Film seit Monaten geplant. Mehrere islamische Länder wie Pakistan, Indonesien, Ägypten und Afghanistan protestierten gegen das Vorhaben. Seit die Regierung in Den Haag im Dezember 2007 öffentlich vor den möglichen Folgen warnte, tobt in den Niederlanden eine heftige Debatte.

Weder Fernsehsender noch Kinos waren bereit, den Film ungekürzt zu zeigen ohne ihn vorher gesehen zu haben, was Wilders aber ablehnte. Zuletzt musste er einen neuen Internetanbieter suchen, um den Film im Netz zu veröffentlichen. Der erste Anbieter hatte die Bereitschaft zurückgezogen, den Streifen ins Internet zu stellen. Nun ist er auf einem in Großbritannien ansässigen Videoportal zu sehen.

Inhaltlich geht der Film nicht über das hinaus, was Wilders seit langem behauptet: Die westliche Politik verschließe die Augen vor der Bedrohung durch den Islam, während die Anzahl der Muslime in Europa stetig ansteige. In einem Zeitungsartikel hatte Wilders seinen Film am Wochenende als "letzte Warnung" angepriesen.

Der Europa-Abgeordnete der Grünen, Cem Özdemir, hat zu Gelassenheit im Umgang mit dem Film des niederländischen Abgeordneten Geert Wilders geraten. Der Film tue sicherlich vielen weh und verletze viele, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. "Trotzdem glaube ich, dass es falsch wäre, ihn zu zensieren."

Damit würde man Wilders eine Gefallen tun, sagte Özdemir. Wilders stehe "ganz rechts außen". Mit seinem Film wolle er Feindbilder erzeugen und demagogisieren. Aber er wolle keine kritische Debatte, sagte Özdemir.

© dpa/AFP/beu/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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