Niedergang der SPD:Vom Schröder-Hoch ins Agenda-Tief

Das schlechte Ergebnis bei der Bundestagswahl markiert einen Tiefpunkt für die SPD. Doch bergab geht es schon länger. Der Fall der Sozialdemokraten - in Bildern.

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Niedergang der SPD:1998

Niedergang der SPD Gerhard Schröder Joschka Fischer Oskar Lafontaine, AP

Quelle: SZ

Nach 16 Jahren Helmut Kohl waren sie wieder dran: Deutschland suchte nach einer zuletzt bleiernen schwarz-gelben Regierung den Wechsel - und fand ihn in der rot-grünen Koalition. Gerhard Schröder wurde der erste SPD-Bundeskanzler seit Helmut Schmidt. Doch die Probleme der Sozialdemokraten mit sich selbst bekam auch er nicht in den Griff.

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Niedergang der SPD:1999: Landtagswahl in Hessen

Niedergang der SPD Roland Koch Landtagswahl Hessen, dpa

Quelle: SZ

Der erste Denkzettel für die Regierung Schröder: Der amtierende SPD-Ministerpräsident in Wiesbaden, Hans Eichel, verlor die Wahl gegen den Herausforderer Roland Koch. Koch hatte einen polarisierenden Wahlkampf geführt und sich dafür das Thema doppelte Staatsbürgerschaft auserkoren. Die Unterschriftenaktion "Ja zur Integration, Nein zur doppelten Staatsangehörigkeit" war eine Kampagne gegen die von Rot-Grün geplante Reform des Staatsbürgerrechts. Koch machte sich diese Aktion im hessischen Wahlkampf zu eigen und trug nicht zuletzt deswegen den Sieg davon. Das Meinungsforschungsinstitut Infratest erhob das Thema doppelte Staatsbürgerschaft damals zum wahlentscheidenden Faktor.

Die Abwahl Eichels hatte aber noch eine andere, weitreichende Konsequenz: Mit der neuen schwarz-gelben Regierungskoalition in Wiesbaden verschoben sich auch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Rot-Grün hatte keine Mehrheit mehr.

Foto: dpa; im Bild: Roland Koch klebt ein Großplakat gegen die doppelte Staatsbürgerschaft

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Niedergang der SPD:1999: Lafontaine tritt zurück

Niedergang der SPD Oskar Lafontaine Rücktritt Finanzminister, dpa

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Oskar Lafontaines Rücktritt war weitaus mehr als ein normaler Rücktritt. Lafontaine war der Mann, mit dessen Hilfe Gerhard Schröder Kanzler wurde, der Mann, der als Parteichef die Genossen zusammenhielt und der Mann, der als Finanzminister ein elementarer Teil des rot-grünen Kabinetts war.

Er nahm am 11. März 1999 seinen Hut und sorgte für einen tiefen Einschnitt in die an Schicksalsschlägen nicht armen Geschichte der SPD. Lafontaines Begründung für den Rückzug aus allen Ämtern und der Niederlegung seines Bundestagsmandats: "schlechtes Mannschaftsspiel".

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Niedergang der SPD:1999: Kommunalwahlen in NRW

Niedergang der SPD Kommunalwahl SPD Nordrhein-Westfalen, dpa

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Die Wahl in Hessen und Lafontaines Rücktritt sollten nicht die einzigen Nackenschläge für die rot-grüne Regierung sein. Die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen im Jahr 1999 fügten sich ein in die Reihe schlechter Nachrichten. Ausgerechnet im Kernland hagelte es herbe Niederlagen. So erreichte die CDU einen Landesdurchschnitt von 50,3 Prozent. Viele Städte, die seit jeher SPD-geführt waren - etwa Köln oder Gelsenkirchen - wurden von der CDU erobert. Es sollten noch viele Niederlagen für die Sozialdemokraten folgen.

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Niedergang der SPD:2003: Agenda 2010

Niedergang der SPD Hartz IV Agenda 2010 Demonstrationen, ddp

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Das Reformpaket, das so viele Konsequenzen hatte: Die rot-grüne Koalition schickte sich angesichts der wirtschaftlichen Lage und der Rekordarbeitslosigkeit, das Sozialsystem und den Arbeitsmarkt zu reorganisieren. Obwohl die SPD am 1. Juni 2003 dem Leitantrag zur Agenda 2010 auf einem Parteitag mit 80 Prozent Zustimmung folgte, ging seitdem ein tiefer Riss durch die Partei.

Neben den Massendemonstrationen auf den Straßen und dem Zerwürfnis mit den Gewerkschaften war es diese innere Zerrissenheit, die die Partei in eine tiefe Krise stürzte. Nicht zuletzt die Agenda 2010 sorgte für die Etablierung der Organisation links von der SPD: der Linkspartei.

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Niedergang der SPD:2005: Der Mitgliederschwund

Niedergang der SPD Oskar Lafontaine Gregor Gysi, ddp

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Im Zuge der Agenda-Politik verlor die SPD Mitglieder in Scharen. Von fast einer Million noch zu Beginn der neunziger Jahre schrumpften die Sozialdemokraten fast auf die Hälfte: 2005 hatte die SPD nur noch 590.000 Mitglieder. Und dann griff auch noch Lafontaine an: Der ehemalige SPD-Chef trat 2005 aus der Partei aus, schloss sich der WASG an und erzwang gemeinsam mit Gregor Gysi den Zusammenschluss von WASG und der in Linkspartei.PDS umbenannten Partei zu einem Linksbündnis. Nach der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 zog die Linke mit acht Prozent der Stimmen in den Bundestag ein. In Ostdeutschland musste sich die SPD vielerorts mit dem dritten Platz hinter CDU und der Linkspartei.PDS zufrieden geben. Außerdem fehlte den Sozialdemokraten eine Strategie im Umgang mit der neuen Partei. Sie schwanken bis heute zwischen kooperieren und ignorieren.

Foto: ddp

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Niedergang der SPD:Andrea Ypsilanti und Heide Simonis

Andrea Ypsilanti Heide Simonis, Reuters, dpa

Quelle: SZ

Auch in den Ländern bekleckerte sich die SPD nicht mit Ruhm, sondern sorgte mit Polit-Patzern für Schlagzeilen. 2005 wollte Heide Simonis als Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein wiedergewählt werden. Doch einer der Abgeordneten der geplanten Koalition - bis heute ist unbekannt, wer es war - verweigerte ihr die Stimme. Viermal stellte sich Simonis zur Wahl, viermal fehlte ihr eine Stimme für die Mehrheit. Ihr blieb als Erinnerung der wenig schmeichelhafte Spitzname "Pattex-Heide", der Landes-SPD blieb die große Koalition unter Führung der CDU.

2008 versuchte Andrea Ypsilanti, Ministerpräsidentin von Hessen zu werden, indem sie sich - entgegen ihrer Versprechungen im Wahlkampf - von Stimmen der Linkspartei wählen lassen wollte. Auch hier verhinderte eine Stimme aus dem eigenen Lager den Erfolg: Dagmar Metzger, SPD-Abgeordnete aus Darmstadt, weigerte sich, Ypsilanti zu wählen.

Foto: Reuters/dpa

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Niedergang der SPD:Wahlergebnisse

Niedergang der SPD Ergebnisse Bundestagswahl, Screenshot

Quelle: SZ

Kein Wunder, dass die Sozialdemokratie auch in den Wahlen abschmierte. 2004 bekam die SPD bei den sächsischen Landtagswahlen auf dramatische 9,4 Prozent, das schlechteste Ergebnis, dass die Partei je einfahren musste. Doch dieses Jahr konnte sie sich nur leicht auf 10,4 Prozent verbessern. Im Osten Deutschlands scheint die Linkspartei die SPD als linke Volkspartei abzulösen. Und auch bundesweit steht die SPD so schlecht da wie nie: 23 Prozent bei der Bundestagswahl sind das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte - unterboten nur noch von den 20,8 Prozent bei der Europawahl 2009.

Foto: Screenshot sueddeutsche.de (Text: Gökalp Babayigit, Barbara Vorsamer)

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