Nichtraucherschutz:Einheitlicher Nichtraucherschutz scheitert am Föderalismus

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In Deutschland wird es wohl keinen einheitlichen Schutz für Nichtraucher in Gaststätten geben. Die Bundesländer wollen, dass Wirte selbst über Einrichtung von Qualmräumen entscheiden sollen.

In Deutschland wird es vermutlich keinen einheitlichen Schutz für Nichtraucher in Gaststätten geben: Vor der entscheidenden Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag zeichnet sich ab, dass ein bundesweites Rauchverbot am Föderalismus und dem Widerstand der Tabak- und Gaststättenlobby scheitern wird.

Neben Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wollen nach einer Umfrage der Süddeutschen Zeitung viele weitere Länder einen Sonderweg gehen. In den Bundesländern mit CDU-FDP-Regierungen streiten die Koalitionspartner noch darüber, ob es den Wirten überlassen werden soll, Raucherlokale einzurichten oder nicht. Das Saarland kündigte an, kleine Kneipen ganz vom Verbot auszunehmen. Bremen erwägt dies ebenfalls.

In Nordrhein-Westfalen soll zwar bis zum Sommer ein Gesetzentwurf für ein landesweites Rauchverbot in allen öffentlichen Räumen vorgelegt werden. Dieser soll auch Regelungen für Gaststätten enthalten. Wie diese aussehen sollen, ist allerdings noch strittig. Die FDP als Koalitionspartner der CDU setzt sich weiterhin für ein nur freiwilliges Rauchverbot in der Gastronomie ein. Nach den Vorstellung der Liberalen sollen die Wirte selbst entscheiden können, ob sie ihr Restaurant mit einem ,,R'' als Raucherlokal kennzeichnen. Nur für die Diskotheken will auch die FDP ein striktes Verbot.

Auch Baden-Württemberg hat sich noch nicht auf den Umfang des Nichtraucherschutzes festgelegt. "Ich will einem umfassenden Nichtraucherschutz alles unterordnen", sagte Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU). Was das genau bedeutet, bleibt vorerst offen, weil es bei der künftigen Regelung in den Gaststätten unterschiedliche Positionen in der CDU-FDP-Regierungskoalition gibt.

Die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger will es der Gastronomie ermöglichen, getrennte Raucherzimmer einzurichten oder sich gleich als Raucherkneipe zu deklarieren. Oettinger hält eine solche Regelung für ,,möglich''. In der CDU-Fraktion gibt es allerdings Widerstände.

Bayerische Vorreiter

Unabhängig vom Ausgang der Ministerpräsidentenkonferenz will Bayern den Nichtraucherschutz im Alleingang regeln. Allerdings soll es auch hier Ausnahmen vom generellen Verbot etwa in Bierzelten geben. Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) sagte, zwar sei eine bundeseinheitliche Regelung erstrebenswert.

Sollten sich die Bundesländer aber nicht auf einheitliche Standards einigen und in Deutschland ein "Flickenteppich" unterschiedlicher Vorschriften entstehen, sei das für Bayern "kein Beinbruch". Das Kabinett werde sich bereits am Freitag mit dem Thema befassen. Damit werde Bayern wohl als erstes Land in Deutschland nach der Ministerpräsidentenkonferenz einen konkreten Gesetzestext auf den Tisch legen.

In Hamburg wird die Gastronomie extra Raucherräume anbieten oder sich in reine Nichtraucherbetriebe umwandeln müssen. Sollte der Hamburger Nachbar Niedersachsen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beharren, ,,wäre das zwar nicht schön, von uns aber nicht zu ändern'', sagte ein Sprecher der Gesundheitsbehörde. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) bleibt dabei, den Gastronomen die Wahl zu lassen, ob sie ihren Betrieb als Raucher- oder Nichtraucherlokal kennzeichnen wollen.

Schutz für Eckkneipen in Bremen und im Saarland

Bremen liebäugelt wie das Saarland mit der Möglichkeit, kleine Eckkneipe vom Rauchverbot eventuell auszunehmen. In öffentlichen Gebäuden gilt in Bremen bereits seit August 2006 ein striktes Rauchverbot. Verstöße dagegen werden mit Bußgeldern bis zu 500 Euro geahndet. Auch im Parlamentsgebäude ist das Rauchen ohne Ausnahme verboten.

Die Regierungen in Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein bekräftigten, dass sie zu den Beschlüssen der Länder-Gesundheitsminister stehen. Es bleibt beim Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden und auch in Gaststätten. Wirte müssten also in diesen Bundesländern für Raucher abgetrennte Räume einrichten.

Die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Gitta Trauernicht wird am Dienstag dem Kabinett den Entwurf eines Landes-Nichtraucherschutzgesetzes vorlegen. Noch vor der Sommerpause soll er im Landtag diskutiert werden. Spätestens vom 1. Januar 2008 an wird dann das Rauchen in den Lokalen des nördlichsten Bundeslandes verboten sein - es sei denn, der Wirt bietet einen baulich getrennten, abgeschlossenen Raum für Raucher an. Durch die klare Regelung sollten Definitionsprobleme umgangen und Wettbewerbsverzerrung vermieden werden, hieß es.

In Berlin gilt ein Rauchverbot in Kitas und Schulen. Auch in der Behörde von Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) ist das Qualmen schon jetzt untersagt. Die geplanten Regelungen der rot-roten Koalition zum Nichtraucherschutz gehören im Ländervergleich zu den strengsten. Vorgesehen ist ein umfassendes Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden sowie in Bars, Discotheken, Gaststätten und Restaurants. Nur in abgeschlossenen Kneipen-Hinterzimmern darf künftig noch geraucht werden.

Noch unübersichtlich ist die Lage in Brandenburg. Die dortige SPD-Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler unterstützt zwar ein umfassendes Rauchverbot. Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) will den Gastwirten dagegen die Wahl überlassen, ob sie ein Raucher- oder Nichtraucherlokal betreiben wollen. Auch Sachsen-Anhalt befürwortet die Wahlmöglichkeit.

© SZ vom 21.03.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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