Neuwahlen in Österreich:Kanzler Gusenbauer gibt auf, Faymann kommt

Die rot-schwarze Koalition in Österreich ist gescheitert. Bei den Neuwahlen im Herbst wird Bundeskanzler Gusenbauer nicht mehr für die SPÖ antreten, der Spitzenkandidat heißt Werner Faymann. Die Konservativen hatten zuvor das Bündnis aufgekündigt.

Der unpopuläre österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer gibt auf. Er wird bei den für Herbst geplanten Neuwahlen nicht mehr als Spitzenkandidat antreten. Das habe Gusenbauer im Parteipräsidium angekündigt, sagte Vorarlbergs SPÖ-Vorsitzender Michael Ritsch der Nachrichtenagentur APA. Der neue SPÖ-Chef Werner Faymann soll die Sozialdemokraten in die Neuwahl führen.

Neuwahlen in Österreich: Alfred Gusenbauer (l.) mit Werner Faymann

Alfred Gusenbauer (l.) mit Werner Faymann

(Foto: Foto: Reuters)

Gusenbauer werde dies in Kürze auf einer Pressekonferenz bekanntgeben und am Donnerstag dem Parteivorstand formell vorschlagen, Faymann zum Spitzenkandidaten zu machen, sagte Ritsch. Als wahrscheinlichsten Wahltermin nannte er den 21. September. Gusenbauer war nach 18 Monaten Kanzlerschaft auf dem absoluten Tiefpunkt seiner Popularität angelangt. Innerhalb der SPÖ hatten sich schon länger die Stimmen gemehrt, Gusenbauer vor Neuwahlen durch Faymann zu ersetzen.

Am Montag war die rot-schwarze Koalition in Österreich auseinandergebrochen. Der Vorsitzende der konservativen Volkspartei ÖVP, Wilhelm Molterer, hatte als Konsequenz aus dem Dauerkrach der Koalition Neuwahlen gefordert.

Molterer, der auch Vizekanzler und Finanzminister ist, wird Spitzenkandidat der ÖVP sein. Als Grund dafür, dass die ÖVP die Koalition verlassen hat, gab er die Krise innerhalb der SPÖ an. "Ich kann nicht zulassen, dass die Krise der SPÖ eine Krise für Österreich wird." Die Sozialdemokraten hätten den gemeinsamen Weg der Bundesregierung verlassen, betonte er und verwies auf den SPÖ-Schwenk in der EU-Politik.

Gusenbauers Ankündigung, die SPÖ werde bei neuen EU-Verträgen von großer Bedeutung die Bevölkerung einbeziehen, hat zu einem schweren Zerwürfnis mit dem konservativen Koalitionspartner ÖVP geführt. Die ÖVP ist strikt gegen Referenden, weil diese ihrer Ansicht nach dem Populismus Tür und Tor öffnen würden. Zuletzt waren am Sonntagabend Verhandlungen über eine sehr eingeschränkte Reform der Krankenkassen gescheitert.

Molterer sagte weiter, gute Arbeit sei nicht mehr möglich, die SPÖ nur noch "mit sich selbst beschäftigt." In Neuwahlen sieht der ÖVP-Chef "den einzigen Ausweg aus der Sackgasse und aus einer unerträglichen Situation für die Österreicher".

Molterer hat Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ), Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und den designierten SPÖ-Chef Werner Faymann schon über seinen Beschluss, die Koalition aufzukündigen, informiert. Gusenbauer und Faymann beraten jetzt, ob man gemeinsam mit der ÖVP den Neuwahlantrag diese Woche im Nationalrat beschließt.

Präsident Fischer bittet zum Gespräch

Bundespräsident Heinz Fischer bat Gusenbauer und Molterer in den kommenden Tagen zu einem gemeinsamen Gespräch zu sich. Das Staatsoberhaupt sei im Vorfeld informiert worden, wie APA berichtete.

Die große Koalition ist seit Januar 2007 im Amt. Sie kam erst nach schwierigen Verhandlungen nach der Nationalratswahl vom Oktober 2006 zustande. Die Sozialdemokraten waren damals knapp stärkste Partei geworden, für eine Alleinregierung reichte es aber nicht.

Der 48-jährige Kanzler Gusenbauer war in seiner eigenen Partei seit längerem nicht mehr unumstritten. Nach Wahlniederlagen der SPÖ in Niederösterreich und Tirol gab er Mitte Juni sein Amt als Parteichef der Sozialdemokraten ab. Geschäftsführender Vorsitzender ist seither Infrastrukturminister Faymann. Auf dem Parteitag im Oktober soll er zum ordentlichen Parteichef gewählt werden.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: