Neuseeland:Regierungschef tritt zurück

Der konservative Premierminister John Key entscheidet sich überraschend dafür, mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen - trotz gut laufender Wirtschaft und bester Aussichten, wieder gewählt zu werden.

Familie geht vor: Völlig überraschend hat Neuseelands Regierungschef John Key seinen Rücktritt angekündigt - trotz brummender Wirtschaft, großer Beliebtheit und guten Aussichten auf eine Wiederwahl. Seine konservative New Zealand National Party werde am 12. Dezember einen Nachfolger wählen, sagte Key am Montag. Er scheide am gleichen Tag aus dem Amt, bleibe aber zunächst Abgeordneter. Die Wahlen finden im kommenden Jahr statt, spätestens im November. Als Grund für seinen Rücktritt nannte der Premierminister seine Familie. Seine Frau Bronagh kennt der 55 Jahre alte Key bereits seit der High School. Die beiden haben zwei erwachsene Kinder. Nein, sie habe ihn nicht zum Rücktritt gedrängt, beteuerte Key. Er fügte aber mit bewegter Stimme hinzu: "Für meine Frau Bronagh gab es viele einsame Nächte und Wochenenden." Der Rücktritt sei die schwierigste Entscheidung, die er je getroffen habe. Er wolle nun mehr Zeit mit der Familie verbringen.

Sie nannten ihn "Teflon-John". Skandale perlten einfach an ihm ab

Key leitet seit 2006 die konservative neuseeländische Nationalpartei und wurde 2008 Regierungschef. Bei den Wahlen 2014 holte Key die absolute Mehrheit für seine Partei. Er gilt zwar nicht als charismatisch und ist in einige Fettnäpfchen getreten, ist aber dennoch beliebt. "Teflon-John" war sein Spitzname. Skandale perlten an ihm ab. Die neuseeländischen Ureinwohner, die Maoris, bezeichnete er einmal scherzhaft als frühere Menschenfresser. Die Schauspielerin Liz Hurley nannte er "richtig heiß". Eine Kellnerin neckte er, in dem er sie immer wieder am Pferdeschwanz zog. Er entschuldigte sich jedes Mal und konnte all diese Affären damit bereinigen.

Key hat dem Land und seinen 4,5 Millionen Einwohnern ein solides Wachstum beschert. Gescheitert ist er aber mit einem Referendum über den Umgang mit der kolonialen Vergangenheit des Landes. Key wollte eine neue Flagge mit einem Silberfarn, einem Nationalsymbol, statt des britischen Union Jacks neben dem Kreuz des Südens. Das Volk lehnte das im Frühjahr ab. Gute Aussicht auf die Nachfolge hat sein Stellvertreter, Finanzminister Bill English. Er denke über die Kandidatur nach, sagte English, der 2002 schon einmal Parteichef war, damals aber die Wahlen verlor. Auch Polizeiministerin Judith Collins wird als Kandidatin gehandelt

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