Neuregelung zum Vaterschaftstest:Kuckuckskinder und zweifelnde Väter

In Deutschland dürfen heimliche DNA-Tests nicht zur Anfechtung der Vaterschaft verwendet werden. Der Bundestag will es zweifelnden Vätern nun leichter machen.

Kata Kottra

Wer im Internet nach dem Stichwort "Vaterschaftstest" sucht, wird schnell fündig: Zahlreiche Labore bieten DNA-Tests für zweifelnde Väter an. Für die Untersuchung braucht man nicht mehr als DNA-Spuren vom Schnuller des Kindes und der Zahnbürste des Vaters. Zwei Wochen später liegt das Testergebnis vor. Die Zuverlässigkeit liegt bei über 99 Prozent.

Vaterschaftstest leicht gemacht: ein Abstrich vom Schnuller reicht aus

Vaterschaftstest leicht gemacht: ein Abstrich vom Schnuller reicht aus

(Foto: Foto: ddp)

Kein Wunder, dass nach Schätzungen jedes Jahr mehr als 20.000 Männer auf dieses Verfahren zurückgreifen. Doch wenn Väter einen solchen Test heimlich, ohne Wissen und Einverständnis des Kindes oder der Mutter durchführen lassen, verletzen sie damit das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" des Kindes. So hat es der Bundesgerichtshof bereits 2005 entschieden.

Das klingt abstrakt, hat aber konkrete Auswirkungen in der Praxis: Wenn Männer vor Gericht feststellen lassen wollen, nicht der Vater eines Kindes zu sein - beispielsweise weil sie keinen Unterhalt mehr zahlen wollen - , dürfen sie solche heimlich gemachten Tests nicht als Beweismittel anbringen.

Faktisch wissen die Männer mit fast absoluter Sicherheit, nicht der biologische Vater zu sein - vor Gericht bringt ihnen dieses Wissen nichts.

Ihre Vaterschaft können sie offiziell nur anfechten, wenn sie einen sogenannten "Anfangsverdacht" haben: Beispielsweise wenn ihre Frau ihnen gebeichtet hat, vor der Geburt des Kindes eine Affäre gehabt zu haben. Dann kann der vermeintliche Vater innerhalb einer Zwei-Jahres-Frist die Vaterschaft offiziell anfechten.

Ein negativer DNA-Test stellt hingegen bisher nicht einmal einen "Anfangsverdacht" dar. Damit sollen Mutter und Kind vor dem Eingriff in ihrem Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" geschützt werden - die Rechte von zweifelnden Vätern werden hingegen aufs Äußerste beschränkt.

Das neue "Gesetz zur Klärung der Vaterschaft" soll hier einen besseren Ausgleich schaffen. So sieht es das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2007 vor.

Die Persönlichkeitsrechte des Kindes sollen zwar im Mittelpunkt stehen. Ganz leer darf der Gesetzgeber die Väter jedoch nun auch nicht ausgehen lassen. Deshalb soll ein Verfahren geschaffen werden, mit dem die rechtlichen Väter - aber auch Kinder oder Mütter - einfacher als bisher die tatsächlichen Verwandschaftsverhältnisse feststellen können.

Der Entwurf von Justizministerin Brigitte Zypries soll festschreiben, dass alle Familienmitglieder - rechtlicher Vater, Mutter, Kind - einen Anspruch haben zu wissen, mit wem sie verwandt sind. Keiner der Beteiligten soll sich einer solchen Untersuchung und der Entnahme der erforderlichen DNA-Proben - zum Beispiel durch einen Abstrich der Mundschleimhaut - verweigern dürfen.

Wenn sich beispielsweise die Mutter der Untersuchung verweigert, soll ein Familiengericht diese anordnen dürfen. In der Regel würden diese Untersuchungen - wie bislang die heimlichen Tests - von privaten Labors durchgeführt. Wenn der rechtliche Vater dann den negativen Befund des Labors in der Hand hat, kann er selber entscheiden, was er machen will: Die Situation auf sich beruhen zu lassen oder die Vaterschaft vor Gericht anzufechten.

Mit einem negativen DNA-Test soll der Mann die Vaterschaft auch anfechten können, wenn die Zwei-Jahres-Frist bereits abgelaufen ist, wenn seine Frau ihm beispielsweise schon vor fünf Jahren von der Affäre erzählt hat.

Durch diese Neuregelungen hofft Zypries, einen besseren Ausgleich zwischen den zwei widerstreitenden Grundrechten - dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Recht auf Kenntnis der Abstammung - zu schaffen.

Doch das Kindeswohl soll weiterhin Vorrang haben vor dem Bedürfnis der Eltern nach Gewissheit. Das Justizministerium führt dafür drastische Beispiele an: Wenn ein Kind beispielsweise "durch eine Magersucht in der Pubertät so belastet" ist, dass das Ergebnis des Vaterschafts-Tests sogar zu einem Selbstmordversuch führen könnte, soll der Test verschoben werden, bis es dem Kind wieder besser geht. Nur um den Unterhalt zu sparen und sich an seiner früheren Partnerin zu rächen, soll kein Mann die psychische Stabilität des Kindes gefährden dürfen.

Justizministerin Brigitte Zypries hofft, dass durch die Neuregelung heimliche DNA-Tests eingedämmt werden. Schließlich sind in vier von fünf Fällen die Zweifel der Männer unberechtigt und die rechtlichen Vätern mit den biologischen durchaus identisch.

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