Neuer US-Präsident:Versöhnliche Botschaft, harte Untertöne

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In der Außenpolitik will der neue US-Präsident Barack Obama mehr Diplomatie, doch Terroristen sagt er den Kampf an.

Christian Wernicke

Es ließ sich sehr genau beobachten, wie der Amtsvorgänger auf die Rede von Amerikas neuem Oberbefehlshaber reagierte: Betont wohlwollend, mit mildem Lächeln im Mundwinkel und einem durch dicke schwarze Handschuhe gedämpften Applaus würdigte George W. Bush das politische Antritts-Oratorium des Barack Obama.

Radikale Studenten in Teheran zerreißen Obama-Bilder. (Foto: Foto: dpa)

Eine Passage in der Rede des 44. Präsidenten jedoch löste regelrecht Begeisterung aus bei No. 43. Das war, als Obama sich an jene finsteren Mächte wandte: "Allen, die ihre Ziele mit Terror verfolgen und Unschuldige umbringen, sagen wir: Unser Wille ist stärker und kann nicht gebrochen werden!", rief der neue Präsident.

"Krieg gegen Terror" tauchte nirgendwo mehr auf

Da strahlte George W. Bush. Denn das klang so martialisch, als solle sich nicht viel ändern an Amerikas Außen- und Sicherheitspolitik. Und vermutlich wollte Obama genau diesen Eindruck auch erzeugen: Seit mindestens vier Jahrzehnten leidet jeder Demokrat im Weißen Haus unter dem Vorurteil, er sei eher ein Weichei denn ein hartgesottener Krieger. Härte als Hüter nationaler Sicherheit kommt an beim Volk; die zwei Millionen Menschen auf der National Mall bejubelten Obamas Willen zum Besiegen.

Nur ließ ebenso aufhorchen, was Obama nicht sagte: Der zerschundene Begriff vom "Krieg gegen Terror" tauchte nirgendwo mehr auf; auch die Scheidung der Welt in Gut und Böse - die zentralen Kategorien für Denken und Handeln des George W. Bush - scheint passé zu sein. Zumindest will dieses Weiße Haus nicht mehr frivol damit kokettieren, die Wirklichkeit ließe sich derartig simpel über einen Leisten schlagen.

Zugleich erneuerte Obama aber auch Amerikas Anspruch auf globale Führung. Trotz Finanz- und Wirtschaftskrise, trotz Rekordverschuldung und Massenkonkurs: Unbeirrt sieht Obama seine Nation, wie einst im Kampf gegen Faschismus und Kommunismus, ausdrücklich dazu berufen, bis in die kleinste afrikanische Hütte Hoffnung zu verbreiten: "Amerika ist ein Freund jeder Nation, jedes Mannes, jeder Frau, jedes Kindes, die nach einer Zukunft in Frieden und Würde suchen. Wir sind bereit, die Führung einmal mehr zu übernehmen."

Solche Töne stehen in der Tradition eines liberalen Internationalismus, wie ihn auch Obamas Vorvorgänger im Amt, Bill Clinton, pflegte. Die Kluft zur Bush-Ära - jedenfalls zu den militärischen Abenteuern des Präsidenten, den Alleingängen und Koalitionen der Willigen in den ersten vier Jahren - tut sich auf, wenn Obama von Macht und Gewalt spricht.

Nicht einfach mit Raketen und Panzern, sondern "mit starken Allianzen und festen Überzeugungen" habe Amerika frühere Konflikte gewonnen: "Unsere Macht allein kann uns nicht schützen, genausowenig wie sie uns erlaubt, zu tun, was wir wollen."

Nur der kluge Gebrauch aller Macht rechtfertige letztlich Amerikas Führungsrolle in der Welt. Politikwissenschaftler haben dafür den Begriff der "smart power" erfunden, der intelligenten Machtausübung, die sich mit allen Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit, der Diplomatie und - notfalls - des Militärs Respekt verschafft. Obamas Außenministerin Hillary Clinton hat ihn gleich mehrmals zum Leitmotiv erhoben in ihrer Anhörung im Senat.

Obamas internationale Prosa vom Dienstag blieb meist vage. Sehr konkret war nur sein Versprechen, nun "den Irak seinen Bürgern verantwortungsvoll übergeben" zu wollen. Im selben Satz sprach der neue Präsident davon, er wolle "den hart erkämpften Frieden in Afghanistan gestalten". Er weiß, dass er den dafür nötigen Willen bei seinen europäischen Alliierten erst durch harte Überzeugungsarbeit neu wecken muss.

Ein klares Zeichen setzte Obama, da er der muslimischen Welt Amerikas Respekt versicherte. Ja, er wolle nach "einem neuen Weg suchen". Der Präsident nannte keine Namen. Aber alle Botschafter auf den Klappstühlen der Mall dachten an die Mullahs in Teheran, da er fast poetisch seinen Willen zu Verhandlungen auch mit Gegnern versicherte: "Wir werden unsere Hand ausstrecken, wenn ihr bereit seid, eure Faust zu lösen."

Die Demonstrationen in Teheran bedeuteten Obama, dass es in dieser Region noch viel Zeit und vieler Worte brauchen wird, um das Erbe seines Vorgängers hinter sich zu lassen.

© SZ vom 22.01.2009/akh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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