Neuer US-Präsident:Obama bricht mit Ära Bush

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Schließung von Guantanamo, Verbot umstrittener Verhörmethoden, ein neuer Verhaltungskodex für das Weiße Haus: US-Präsident Obama macht sich daran, mit dem Erbe seines Amtsvorgängers aufzuräumen.

US-Präsident Barack Obama wickelt in den ersten Tagen seiner Amtszeit das Erbe des "Anti-Terror-Kriegs" der Bush-Regierung ab: Noch am Donnerstag wollte Obama anordnen, das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba binnen eines Jahres zu schließen, wie aus dem Weißen Haus in Washington verlautete. Außerdem sollten harte Verhörmethoden und geheime Gefängnisse für Terrorverdächtige in Drittländern verboten werden.

Der neue und der alte Präsident: Barack Obama löst George W. Bush ab - mit dessen Erbe soll nun aufgeräumt werden. (Foto: Foto: AFP)

"Die Gefängnis-Einrichtungen in Guantanamo sollen so schnell wie möglich geschlossen werden, nicht später als ein Jahr nach dem Tag dieser Anordnung", heißt es in dem Entwurf, der auf der Homepage der Menschenrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) veröffentlicht wurde.

Zunächst sollten aber "angemessene Vorkehrungen" für die Insassen getroffen werden. Demnach geht die US-Regierung davon aus, dass ein Großteil der verbleibenden 245 Gefangenen abgeschoben werden kann. Für die anderen Insassen sollten "rechtmäßige" Verfahrensweisen gefunden werden.

Federführend bei der Umsetzung soll das Justizministerium sein, unterstützt vom Außen- und Verteidigungsministerium. Die Schließung des Lagers in Guantanamo, in dem in den vergangenen sieben Jahren rund 800 Gefangene ohne geklärten Rechtsstatus festgehalten wurden, zählt zu Obamas Wahlkampfversprechen.

Am Mittwoch, dem Tag nach seiner Amtseinführung, hatte der neue Präsident bereits ein 120-tägiges Moratorium für die Verfahren der umstrittenen Militärtribunale in Guantanamo veranlasst. Damit ruht zunächst auch der Prozess gegen den mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, Khalid Sheikh Mohammed, und seine vier Mitangeklagten.

Neue Regeln für Verhörmethoden

Nach Berichten der Washington Post plant Obama mehrere Verordnungen, die mit der Anti-Terror-Politik seines Vorgängers George W. Bush brechen sollen. Künftig sollen demnach in US-Einrichtungen weltweit ausschließlich die Verhörmethoden erlaubt sein, die im Handbuch der US-Armee niedergeschrieben sind.

Eine aktualisierte Fassung des Handbuchs aus dem Jahr 2006 verbietet ausdrücklich umstrittene Befragungstechniken wie Schläge, Einschüchterung mit Hunden sowie Waterboarding, bei dem das Ertrinken simuliert wird.

Die Menschenrechtsorganisation ACLU nannte die Guantanamo-Verordnung den "ersten Sonnenstrahl nach acht Jahren Finsternis". Human Rights Watch erklärte, Obama werde "mit einem Federstrich" große Fortschritte bei der Erneuerung "der moralische Autorität der USA" machen - und rief zusammen mit Amnesty International und weiteren Menschenrechtsorganisationen die EU zur Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen auf. Obama brauche die Hilfe der europäischen Regierungen, um das Gefangenenlager wie angekündigt zu schließen, heißt es einem offenen Brief. Danach droht rund 60 der verbleibenden Guantanamo-Insassen Verfolgung in ihren Heimatländern.

Die US-Bevölkerung ist bei der Frage der Schließung Guantanamos gespalten. Laut einer CNN-Umfrage befürworten 51 Prozent den Schritt, 47 Prozent sind dagegen.

Neuer Verhaltenskodex im Weißen Haus

Auch intern setzt Obama auf Erneuerung: Er schwor die Mitarbeiter seiner Regierung auf Transparenz, hohe moralische Standards und Sparsamkeit ein. Er erwarte "eine neue Ära der Offenheit", sagte er bei der Vereidigung seiner Mitarbeiter. Ziel sei es, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung wiederherzustellen.

Obama verfügte, dass Gehälter von Mitarbeitern des Weißen Hauses über 100.000 Dollar (77.000 Euro) eingefroren werden. "Amerikanische Familien müssen den Gürtel enger schnallen, also muss Washington das auch", meinte er zur Begründung. Zudem legte er striktere Regeln für die Beschäftigung von früheren Lobbyisten in Regierungsämtern fest.

Obama will "verantwortungsvollen Abzug" aus dem Irak einleiten

Desweiteren forderte Obama die Führung der Armee dazu auf, Pläne für einen "verantwortungsvollen" Abzug aus dem Irak auszuarbeiten. Dies ordnete er bei einem Treffen mit der Militärspitze in Washington an. Das Verteidigungsministerium in Bagdad teilte mit, der Irak sei zu einem vorgezogenen Rückzug der US-Truppen vor der vereinbarten Frist Ende 2011 bereit.

"Ich habe die Militärführung aufgefordert, zusätzliche Pläne auszuarbeiten, die für den verantwortungsvollen militärischen Abzug erforderlich sind", heißt es in einer Erklärung Obamas. Sein Sprecher Robert Gibbs hatte zuvor gesagt, es werde "um die Ausarbeitung von Plänen zum Rückzug der Kampftruppen innerhalb von 16 Monaten" gehen. Diese Frist nannte Obama bereits während seines Wahlkampfs.

Damit würden die 142.000 im Irak stationierten US-Soldaten schon im Laufe des Jahres 2010 abgezogen. Ein im November unterzeichnetes Abkommen zwischen beiden Ländern sieht bisher einen Abzug der Truppen bis Ende 2011 vor.

"Wenn die amerikanischen Truppen wie im Abkommen zwischen Bagdad und Washington vereinbart abgezogen werden, ist das etwas Gutes", sagte der Sprecher des irakischen Verteidigungsministeriums, General Mohammed el Askari. Sollte die US-Regierung jedoch ihren Zeitplan ändern und den Rückzug vorziehen, "sind wir auf diese Lage vorbereitet", ergänzte er.

Abgesehen von der Unterstützung im Luftraum und der militärischen Ausbildung kämen die irakischen Sicherheitskräfte bereits seit 2008 ohne die Hilfe der US-Truppen aus. Seit dem Auslaufen eines UN-Mandats zum 1. Januar liegt die Kontrolle der Einsätze im Irak bei der Regierung in Bagdad. Sie muss auch die US-Truppeneinsätze genehmigen.

© AP/Reuters/AFP/ihe/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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