Neuer Erzbischof in Berlin:Einer für die Nische

Die Katholiken sind in Berlin eine Minderheit. Der neue Erzbischof Rainer Woelki gilt als konservativ, Homosexualität hält er für sündhaft. Dem Neuen kann man nicht vorwerfen, dass er die Position seiner Kirche vertritt. Die Kirchenspitze insgesamt ist diskursunfähig. Woelki sucht nun den Dialog - das wird der Maßstab für ihn sein.

Matthias Drobinski

Minderheiten haben es schwer. Passen sie sich an, sind sie bald verschwunden in der Menge der Gleichen; grenzen sie sich ab, landen sie in der Parallelgesellschaft. Die Katholiken in Berlin sind eine Minderheit, sie bekommen nun einen neuen Erzbischof.

Rainer Maria Woelki - Neuer Erzbischof für Berlin

Erzbischof von Berlin, Rainer Maria Woelki, war selbst ein wenig überrascht von seiner Ernennung.

(Foto: dpa)

Rainer Woelki gilt als Zögling des konservativen Kardinals Joachim Meisner und hat an einer Opus-Dei-Universität promoviert; er hält gelebte Homosexualität für sündhaft. Dass mit ihm die Kirche in der Anpassung verschwindet, ist unwahrscheinlich.

Dem Neuen kann man gar nicht vorwerfen, dass er, freundlich, aber hart, die Position seiner Kirche vertritt. Die entspricht vermutlich auch seiner Meinung, und anders wäre er sowieso nicht Erzbischof geworden. Man muss der Kirchenspitze insgesamt vorwerfen, dass sie starr geworden ist und diskursunfähig.

Die Kirche ist in Gefahr, darüber in eine frustrierte Mehrheit und eine konservative Minderheit gespalten zu werden. Letztere würde tatsächlich in der Parallelgesellschaft landen, wo der Katholizismus im Kaiserreich und der Weimarer Republik schon einmal war. Das ist die eigentliche Dramatik hinter der Erzbischofs-Ernennung.

Woelki hat immerhin erklärt, dass er den Dialog suchen wird. Das ist nötig in einer Stadt, die zerrissen ist zwischen Arm und Reich und Ost und West, mit protestantischer Tradition, mit Muslimen, Atheisten, Sinnsuchern.

"Suchet der Stadt Bestes", sagte der Prophet Jeremia. Damals litten die Juden in der babylonischen Gefangenschaft, bedrängt von der Mehrheit. Jeremia aber sagte: Geht hinaus! Das Heil der Menschen soll euch am Herzen liegen, nicht die Selbstbehauptung.

Das wird der Maßstab für den neuen Erzbischof sein.

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