Neue SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi:Gabriels linke rechte Hand

Yasmin Fahimi

Yasmin Fahimi soll Nachfolgerin von Andrea Nahles werden.

(Foto: dpa)

Die SPD vergibt die letzten Spitzenämter: Yasmin Fahimi soll Generalsekretärin werden, Dietmar Nietan ist als Schatzmeister vorgesehen.Vor allem die Berufung der Gewerkschafterin Fahimi könnte Argwohn beim Koalitionspartner hervorrufen.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Sigmar Gabriel hat im vergangenen Jahr ein strammes Programm gehabt. Er hat einen Wahlkampf und Koalitionsverhandlungen geführt, am Ende hat er noch die wichtigsten Personalien geregelt, Posten und Ämter verteilt. Zwei Posten aber blieben übrig, dafür reichte im Dezember die Zeit nicht mehr. Wer Generalsekretär und wer Schatzmeister der SPD werden sollte, wollte der Parteivorsitzende erst im neuen Jahr regeln. Das hat er jetzt getan.

Die Posten sind frei, weil Generalsekretärin Andrea Nahles und Schatzmeisterin Barbara Hendricks als Ministerinnen ins Kabinett gewechselt sind. Also einigte sich am Montagabend die engere SPD-Führung auf zwei Personen, die man dem Vorstand zur Nominierung vorschlagen wollte.

Am Dienstagabend folgte eine Telefonkonferenz des Vorstands, alle waren mit Gabriels Vorschlag einverstanden: Generalsekretärin der SPD soll Yasmin Fahimi von der IG Bergbau, Chemie, Energie werden. Als Schatzmeister ist Dietmar Nietan vorgesehen, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der SPD Mittelrhein. Gewählt werden soll beim Parteitag am 26. Januar.

Gesucht: eine Frau

Der Name Fahimi war bereits im Dezember erstmals gefallen, als klar wurde, dass der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef Ralf Stegner nicht Generalsekretär würde. Er hatte aus seinen Ambitionen keinen Hehl gemacht und lange als Favorit gegolten - aber da sowohl der Partei- als auch der Fraktionsvorsitz mit Gabriel und Thomas Oppermann männlich besetzt sind, musste der Posten des Generalsekretärs wieder mit einer Frau besetzt werden.

Fahimi erging es nun nicht so, wie es häufig mit Leuten geschieht, deren Namen früh in der Debatte auftauchen und dann schnell wieder weg sind, zerredet werden. Ihr Name hielt sich - und es tauchte zwischen den Jahren auch kein anderer schlüssiger Vorschlag in der Öffentlichkeit auf.

Es war aber auch nicht so, dass es keine andere Kandidatin gegeben hätte. So brachte der hessische SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die hessische Landtagsabgeordnete Nancy Faeser, 43, ins Spiel. Die Innenpolitikerin hatte auch weitere Fürsprecher im Kreis der engsten Führung, etwa Fraktionschef Oppermann. Und auch Gabriel soll sich positiv über den Vorschlag aus Hessen geäußert haben. Zugleich aber machte er klar, dass er Fahimi bevorzuge - auch wegen der Kompetenz, die sie auf den Feldern Wirtschaft und Arbeitsmarkt habe. Schäfer-Gümbel zog seinen Vorschlag zurück, es gab keine Abstimmung, die Runde am Montagabend entschied einvernehmlich.

Fahimi, 46, ist Diplom-Chemikerin, kommt aus Hannover und arbeitet seit 1998 für die IG BCE, zuletzt als Ressortleiterin Politische Planung. Dass sie nun Generalsekretärin wird, könnte beim Koalitionspartner Union Argwohn wecken: Die Personalie kann man als Signal verstehen, dass die SPD sich künftig verstärkt Richtung Rot-Rot-Grün orientieren will.

Ihre größte Herausforderung

Fahimi sitzt im Vorstand des "Denkwerks Demokratie" - einer Ideenfabrik, die zum Ziel hat, Rot-Grün inhaltlich zu unterfüttern. Ursprünglich sollte auch die Linke mit dabei sein, das allerdings zerschlug sich, nun sind am Denkwerk SPD, Grüne und Gewerkschaften beteiligt. Die Zielrichtung bleibt klar: In vier Jahren soll es eine linke Regierung geben. Daher wird es eine von Fahimis wichtigsten Aufgaben sein, das Verhältnis zur Linken zu verbessern. Sie wird da deutlich mehr Freiheit haben als Gabriel, der als Vizekanzler mit der Union am Kabinettstisch sitzt und nicht den Anschein erwecken darf, er wolle die Koalition womöglich sogar vorzeitig beenden.

Die größte Herausforderung für Fahimi dürfte die Parteizentrale werden. Das Willy-Brandt-Haus hat mit seiner Struktur aus Lagern, Gruppen und Grüppchen bereits den einen oder anderen verschlissen, der von außen kam und es unter Kontrolle bringen wollte. Fahimi kennt das Haus nicht, ebenso wenig wie den Berliner Politikbetrieb. In der Parteizentrale hat sie außerdem vorerst noch jemanden neben (oder nach dessen Empfinden wohl eher über) sich: Den Europawahlkampf organisiert der ehemalige Thüringer Wirtschaftsminister Matthias Machnig, ein Alphatier.

Dietmar Nietan, 49, kommt aus Düren, war von 1998 bis 2005 Bundestagsabgeordneter und ist es wieder seit 2009. Er hat unter anderem mal für Martin Schulz gearbeitet, den Präsidenten des Europaparlaments, der große Stücke auf ihn hält. Trotzdem wird Nietan nun erst einmal gegen den Ruf anarbeiten müssen, er verdanke den künftigen Job vor allem der Tatsache, dass er aus Nordrhein-Westfalen kommt.

Die NRW-SPD hatte klargemacht, dass sie Anspruch auf den Posten erhebt - letztlich sind also, wie so oft in der SPD, die beiden mächtigsten Landesverbände die Gewinner: Fahimi kommt ja aus Niedersachsen. Besonders dieser Landesverband steht derzeit gut da. Er stellt in Gabriel und Oppermann bereits die Chefs von Partei und Fraktion - und demnächst dann eben noch die Generalsekretärin.

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