Neue Nato-Strategie:Der Krieg der Zukunft

Die Nato hat die Bedrohungs-Szenarien der Zukunft erkannt. Doch es ist gefährlich, weitreichende strategische Festlegungen zu treffen, ohne die Konsequenzen bis ins letzte Detail zu durchdenken.

Stefan Kornelius

Kriege werden nicht mehr auf dem Schlachtfeld geführt, sie sehen keinen Aufmarsch von Panzerbataillonen mehr vor, die Artillerie wird nicht mehr schießen. Wer es nach 9/11, Afghanistan oder Stuxnet noch nicht gemerkt hat: Das alte Menschheits-Lied von Freund und Feind wird nicht mehr mit Trommelwirbel und Fanfarenklängen angestimmt, es bedient sich jetzt neuer Instrumente.

Afghanistan-Offensive Operation ´Muschtarak"

Das alte Menschheitslied von Freund und Feind wird nicht mehr mit Trommelwirbel und Fanfarenklängen angestimmt, es bedient sich jetzt neuer Instrumente.

(Foto: dpa)

Dies ist die Zeit der Asymmetrien, der Terroristen, der Saboteure, der Pipeline-Potentaten und der Viren-Entwickler. Der Krieg der Zukunft wird nicht weniger gefährlich sein, aber er wird definitiv weniger sichtbar sein.

Wenn das größte Verteidigungsbündnis der Welt über seine Sicherheit nachdenkt und die Grundsätze seines Daseins in einer Strategie niederschreibt, dann muss es sich dieser Entwicklung stellen. Die Nato hat nach dem Mauerfall viel zu viel Zeit verstreichen lassen, um die neuen Wahrheiten ihres Kerngeschäfts zu akzeptieren. Wie jede große Bürokratie ist sie träge.

Nun liegt der Entwurf einer neuen Strategie vor, und wer sich über Begriffe wie Cyberwar oder Rohstoffsicherheit wundert, der ist im alten Jahrhundert stehen geblieben. Die Weißbücher und nationalen Doktrine der Mitgliedsstaaten haben schon längst den neuen Bedrohungskatalog aufgenommen.

Immer noch ist es die wichtigste Aufgabe der Nato, Unsicherheiten zu verhindern und Kriege zu vermeiden. Die Nato ist ein Bündnis der Abschreckung. Sie schreckt mögliche Eindringlinge vom Territorium ihrer Mitglieder ab, sie sorgt sich um die Rohstoffversorgung - und sie hat erkannt, dass eine der gefährlichsten Bedrohungen aus der Manipulation der Datenströme dieser zutiefst vernetzten Welt herrühren kann. Die hochentwickelten Nationen sind nicht mit Bomben und Raketen zu verletzen, sondern in ihrer Infrastruktur, in ihrer Stromversorgung, bei den Industrieanlagen.

Es ist also richtig, diese Bedrohungs-Szenarien in die Strategie aufzunehmen. Wichtiger ist allerdings, wie das Bündnis konkret auf eine Bedrohung reagieren will. Viel wichtiger als die allgemeinen Sätze der Strategie sind also die Ableitungen daraus: Wie wird militärisch und technisch umgesetzt, was politisch gewünscht ist? Wo liegt die Eingreif-Schwelle? Welche Eskalations- und Deeskalations-Methoden werden angewandt?

Während des Kalten Krieges erlebte die Welt einen Rüstungswettlauf, weil immer neue technische Optionen immer ausgefeiltere Antworten erzwangen. Aus dieser Erfahrung sollte die Nato lernen. Es ist gefährlich, weitreichende strategische Festlegungen zu treffen, ohne die Konsequenzen bis ins letzte Detail zu durchdenken.

Zur Abschreckung gehört vor allem Glaubwürdigkeit. Die Feinheiten der Strategie müssen also schnell in die politische Diskussion eingespeist werden. Da wird sich zeigen, was die 28 Mitgliedsstaaten der Nato wirklich eint.

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