Neue Regierungschefin in NRW:Der Tag der Kraft

Die Wahl von Hannelore Kraft in NRW war der Beginn einer schwierigen, aber vielleicht doch lohnenden demokratischen Lehrzeit. Eine Minderheitsregierung ist nämlich nicht demokratisch minderwertig.

Heribert Prantl

Ein besseres Wahlergebnis war unrealistisch; ein schlechteres war unwahrscheinlich. Hannelore Kraft ist exakt mit den erwartbaren Stimmen zur ersten Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen gewählt worden. Das Experiment Minderheitsregierung beginnt. Der Wahltag, der "Tag der Kraft" war natürlich nicht schon eine Gesellenprüfung dieser Minderheitsregierung, er war der Beginn einer schwierigen, aber vielleicht doch lohnenden demokratischen Lehrzeit.

Kraft im zweiten Anlauf zur NRW-Ministerpraesidentin gewaehlt

Das Experiment Minderheitsregierung beginnt: Die frisch gewählte nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in der Staatskanzlei.

(Foto: ddp)

Eine Minderheitsregierung ist nämlich nicht demokratisch minderwertig; ihre Wertigkeit und Werthaltigkeit zeigen sich aber, sehr viel mehr als bei einer Mehrheitsregierung, im parlamentarischen Alltag. Eine Minderheitsregierung muss notfalls auf Händen gehen können, wenn sie auf diese Weise um Zustimmung der Opposition werben kann. Lehrzeit hat freilich nicht nur die rot-grüne Koalition, sondern auch diese disparate Opposition.

Dem Regierungs-Feminat, der weiblichen Doppelspitze mit Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann, steht ein Herren-Doppel in der CDU gegenüber: Karl-Josef Laumann und Armin Laschet werden einen flexiblen Wechselkurs entwickeln müssen, also eine probate Mischung aus Härte und Konzilianz. Das wird der CDU leichter fallen als der FDP, die sich schon mit den kleinen Zeichen der Symbolik schwertut: Sie brachte es nicht einmal fertig, der neuen Ministerpräsidentin, wie es sich gehört, ein paar Blümchen zu überreichen.

Eine Minderheitsregierung gilt hierzulande als etwas Irreguläres. Die neue rot-grüne Regierung hat die Chance, die Regularität des Irregulären zu demonstrieren. Von NRW kann das Signal ausgehen, dass man auch in schwieriger Lage Schwierigkeiten meistern kann.

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