Neue Enthüllungen in Korruptionsaffäre:Geben und Nehmen bei der spanischen Volkspartei

GURTEL CORRUPTION CASE

Ex-Schatzmeister mit "glücklicher Hand": Luis Bárcenas.

(Foto: dpa)

Eine Internetzeitung zeigt, welche Spenden die Volkspartei des spanischen Ministerpräsidenten Rajoy erhalten hat - und dass die meisten offenbar mit öffentlichen Aufträgen an die Spender zusammenfielen. Der frühere Schatzmeister der Partei, Luis Bárcenas, liefert derweil eine interessante Erklärung für seine Millionen in der Schweiz.

Von Thomas Urban, Madrid

Die in Madrid regierende konservative Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy steht wegen ungeklärter Millioneneinkünfte ihres früheren Schatzmeisters Luis Bárcenas sowie angeblich illegaler Spenden weiter unter Druck. Bárcenas erklärte bei einer gerichtlichen Anhörung, die 38 Millionen Euro, die er zwischendurch auf Konten in der Schweiz geparkt hatte, seien Ergebnisse seiner "glücklichen Hand" bei der Börsenspekulation sowie dem Handel mit Kunstobjekten.

Im Januar hatte die Madrider Presse die Kopien von handschriftlichen Listen publiziert, auf denen angeblich Schwarzgeldzahlungen an Spitzenpolitiker der PP verbucht worden sind. Am Dienstag veröffentlichte die Internetzeitung El Diario nun eine Übersicht über Spenden an die PP: Ein Großteil von ihnen deckt sich mit dem Zeitpunkt von öffentlichen Aufträgen, die PP-Amtsträger an die Spender erteilt hatten.

Rajoy sowie die PP-Generalsekretärin María Dolores de Cospedal, deren Namen auf der Liste stehen, erklärten, sie hätten keinerlei illegale Gelder eingenommen. Die Millionen aus der Schweiz seien keine PP-Gelder, Bárcenas bekleide seit drei Jahren keine Ämter in der Partei. Der Regierungschef versuchte vor einer Woche, in seiner Rede zur Lage der Nation in die Offensive zu gehen. Er kündigte ein Gesetzespaket zur Verschärfung des Kampfes gegen Korruption an.

Cospedal bestand darauf, dass die Listen keine Beweiskraft hätten, jeder hätte sie anfertigen können. Auch Bárcenas bestritt, dass sie von ihm stammen. Doch waren Grafologen im Auftrag von Zeitungen und Fernsehsendern zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich höchstwahrscheinlich sehr wohl um seine Handschrift handle, eine Fälschung sei indes nicht auszuschließen.

Fingierte Verträge für Bárcenas

Den umstrittenen Listen zufolge hat Rajoy über mehrere Jahre hinweg jeweils bis zu 25.000 Euro in bar bekommen. Ein anderer Geldempfänger ist lediglich mit dem Kürzel J.M. aufgeführt, dahinter sehen Madrider Zeitungen den früheren Regierungschef José Maria Aznar.

Cospedal musste Presseberichte bestätigen, nach denen Bárcenas nach Abgabe aller Parteiämter noch zwei Jahre lang Zuwendungen aus der PP erhielt, angeblich mehr als 15.000 Euro monatlich. Auch habe die Partei seine Sozialversicherung bezahlt. Nun erläuterte die PP-Generalsekretärin, dass die Verträge für Bárcenas fingiert seien, um eine formale Voraussetzung für seine soziale Absicherung zu schaffen.

Doch in den Augen der Madrider Kommentatoren von rechts bis links machte sie die Sache damit nur schlimmer, das Fingieren von Verträgen sei ebenfalls eine Straftat. Ein Gericht verfügte, dass Bárcenas das Land nicht verlassen darf. Der zeigte Journalisten den Mittelfinger und kam so in die Fernsehnachrichten.

Auch durch die Korruptionsaffäre "Gürtel" um Schmiergelder für PP-Politiker aus der Baubranche wächst der Druck der Straße und der Medien wieder auf Rajoy. Am Wochenende verlangten mehr als 10.000 Demonstranten in Madrid seinen Rücktritt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: