Nazi-Vergleiche:Wie Hitler, wie Auschwitz, wie der Holocaust

Vergleiche mit dem Nationalsozialismus verbieten sich eigentlich immer. Das beweist auch der aktuelle Fall von Prince Charles, der den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Nähe von Adolf Hitler gerückt hat. Dennoch versuchen es Politiker und Prominente immer wieder - ein Rückblick.

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Prince Charles Camilla

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In den Köpfen aller Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, sollten sämtliche Warnlampen angehen, wenn sie die Worte "Holocaust", "Auschwitz" oder "Hitler" verwenden. Beispiele, Begründungen oder Vergleiche mit dem Nationalsozialismus verbieten sich fast immer. Manche können es trotzdem nicht lassen - ein Rückblick auf die letzten Jahre.

Der aktuelle Ukraine-Konflikt und das Agieren von Wladimir Putin verleitet derzeit Politiker und Prominente zu Hitler-Vergleichen. So auch Prince Charles Ende Mai 2014. Demnach sprach der britische Thronfolger in einem Museum mit der Holocaust-Überlebenden Marienne Ferguson über deren Erfahrungen. Ihren Angaben zufolge sagte er dann, Putin mache in der Ukraine nun "fast dasselbe wie Hitler". Charles besuchte mit seiner Frau Camilla im Rahmen eines viertägigen Kanada-Besuchs das Einwanderungsmuseum in Halifax, als er mit Ferguson sprach. Sie war als junges Mädchen vor den Nazis geflohen, viele ihrer Angehörigen aber überlebten den Holocaust nicht. Charles' Äußerung habe "aufrichtig" gewirkt, außerdem teile sie die Meinung, sagt Ferguson anschließend.

Jahres-Pk Zoll zur Bilanz 2013

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist einer der ausgebufftesten deutschen Politiker - und dennoch zieht er Ende März 2014 eine Parallele zwischen Nazi-Diktator Adolf Hitler und Russlands Führung. Der CDU-Mann erklärt vor Berliner Schulkindern, dass der Westen die Ukraine finanziell unterstützen muss, sonst drohe Anarchie, und Moskau hätte einen Grund, einzumarschieren. Mit Blick auf dieses Szenario sagt Schäuble: "Das kennen wir alles aus der Geschichte. Solche Methoden hat schon der Hitler im Sudetenland übernommen - und vieles andere mehr."

Schäuble ist nicht der erste westliche Spitzenpolitiker, der in der Ukraine-Krise einen solchen Vergleich anstellt.

Hillary Clinton Speaks At The University Of Miami

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Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton rückt den russischen Präsidenten Wladimir Putin im März 2014 in die Nähe von Adolf Hitler. Clinton, die als mögliche Präsidentschaftskandidatin gilt, sagte mit Blick auf die Krise zwischen der Ukraine und Russland wegen der Halbinsel Krim:

"Hitler sagte stets, die ethnischen Deutschen, die Deutschen per Abstammung, die in Gebieten wie der Tschechoslowakei (...) waren, werden nicht richtig behandelt. Ich muss mein Volk beschützen". Putin sei ein Mann, der glaube, "die russische Größe wiederherstellen" zu müssen". Anschließend dementiert sie einen Putin/Hitler-Vergleich - und zieht im selben Satz erneut die Parallele: "Ich stelle sicherlich keinen Vergleich an, aber ich empfehle, dass wir aus dieser Taktik, die schon mal genutzt wurde, lernen können."

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Im Februar 2014 vergleicht der philippinische Präsident Benigno Aquino den Streit um Inseln und Einflusssphären im Südchinesischen Meer mit dem Expansionsdrang von Hitler-Deutschland. Die aktuelle Anspannung zwischen China und seinen Nachbarstaaten im Westen erinnert ihn an die Situation vor dem Zweiten Weltkrieg in Europa. "An welchem Punkt sagen Sie: 'Genug ist genug'? Die Welt muss dies sagen - erinnern Sie sich daran, dass das Sudetenland Hitler überlassen wurde, um den Zweiten Weltkrieg zu verhindern."

Britain's member of the European Parliament Bloom waits for the start of a voting session in Strasbourg

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Im November 2010 sorgt der Europa-Abgeordnete Godfrey Bloom für einen Eklat im Europa-Parlament. Er stört eine Rede des deutschen Sozialdemokraten Martin Schulz mit dem Zwischenruf "Ein Volk, ein Reich, ein Führer". Im Saal gibt es empörte Reaktionen, der Parlamentspräsident verweist Bloom des Saales. Statt einer Entschuldigung setzt der Politiker der europaspektischen Partei UKIP in Richtung Schulz noch nach und nennt ihn "undemokratischer Faschist".

Newly elected cardinal Muller of Germany answers questions from reporters before to hold a news conference to unveil his book 'Poor For The Poor: The Mission Of The Church', with the preface written by Pope Francis, in downtown Rome

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Der heutige Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller zieht als Regensburger Bischof 2010 einen gewagten Vergleich. In Zusammenhang mit den Missbrauchsskandalen wirft Müller den Medien eine Kampagne gegen die Kirche vor und rückt die laufende Berichterstattung in die Nähe der kirchenfeindlichen Haltung der Nationalsozialisten. "Jetzt erleben wir wieder eine Kampagne gegen die Kirche", sagt Müller in einer Predigt im Regensburger Dom. Müllers Karriere tat die Causa keinen Abbruch: Der Papst holte ihn sogar in den Vatikan.

Fastenprediger Lerchenberg schmeißt hin

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Ärger bekommt der Fastenprediger vom Nockherberg, Michael Lerchenberg, als er fabuliert, FDP-Chef Guido Westerwelle wolle nun alle Hartz-IV-Empfänger bei Wasser und Brot in einem Lager in Ostdeutschland sammeln. "Drumrum ein Stacheldraht - haben wir schon mal gehabt. Zweimal am Tag gibt's a Wassersuppn und einen Kanten Brot. Statt Heizkostenzuschuss gibt's zwei Pullover von Sarrazins Winterhilfswerk, und überm Eingang, bewacht von jungliberalen Ichlingen im Gelbhemd, steht in eisernen Lettern: 'Leistung muss sich wieder lohnen.'"

Viele sehen darin eine Anspielung auf den menschenverachtenden Spruch "Arbeit macht frei" am Tor des Konzentrationslagers Auschwitz und anderen KZs. Lerchenberg tritt zurück.

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Formel-1-Chef Bernie Ecclestone löst 2009 mit einem Interview über die politischen Möglichkeiten Adolf Hitlers Empörung aus. Der Milliardär äußert sich abschätzig über Demokratien und würdigt die Macht Adolf Hitlers, "Dinge erledigen zu können". Ecclestone lässt zudem Zweifel durchblicken, dass Hitler seine Verbrechen tatsächlich alle begehen wollte.

Verdacht auf sexuellen Missbrauch gegen Bischof Mixa

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Der damalige katholische Augsburger Bischof Walter Mixa sagt 2009: "Es hat diesen Holocaust sicher in diesem Umfang mit sechs Millionen Getöteten gegeben. Wir haben diese Zahl durch Abtreibungen aber bereits überschritten."

Auch die weltweite Finanzkrise ...

Lower Saxony federal state Prime Minister Wulff of the CDU in Hanover

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... verlockte einige dazu, Parallelen zwischen der aktuellen Kritik an hochbezahlten Managern und der antisemitischen Stimmung der 30er Jahre zu ziehen.

"Ich finde, wenn jemand zehntausend Jobs sichert und Millionen an Steuern zahlt, gegen den darf man keine Pogromstimmung verbreiten", sagt der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) 2008 in der Sendung "Studio Friedman".

Der Satz fällt in einem heftigen Wortwechsel am Ende der Sendung, der spätere Bundespräsident nimmt ihn aber trotz wiederholten Nachfragens von Michel Friedman nicht zurück.

Jahresversammlung des ifo Instituts

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Wenig später vergleicht Hans-Werner Sinn, der Präsident des Ifo-Instituts, die Kritik an Managern mit antisemitischen Verschwörungstheorien.

"In jeder Krise wird nach Schuldigen gesucht, nach Sündenböcken", sagt der Ökonom damals. In der Weltwirtschaftskrise von 1929 "hat es in Deutschland die Juden getroffen, heute sind es die Manager". Nach massiven Protesten entschuldigt sich Sinn für seinen Vergleich.

Faruk Sen

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Einen ähnlichen Ausfall leistet sich Faruk Sen.

Der Vorsitzende des Zentrums für Türkeistudien vergleicht unter dem Titel "Die neuen Juden Europas" in einer türkischen Zeitung die Lage der türkischen Migranten in Deutschland mit der Situation der Juden in der Nazi-Zeit.

Sen, der das Essener Institut seit seiner Gründung 1985 leitet, muss deswegen sein Amt Ende 2008 abgeben. In dieselbe Kerbe schlägt ...

Anschläge in London, afp

Quelle: SZ

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... kurz darauf Shahid Malik, der erste muslimische Staatssekretär Großbritanniens.

In einem Fernsehbeitrag zum Jahrestag der Londoner Bombenanschläge vom 7. Juli 2005 (Bild) beklagt er, die Muslime fühlten sich zunehmend als "die Juden von Europa". Nach einer Umfrage soll über die Hälfte der Briten den Islam für die Anschläge von 2005 verantwortlich machen.

Malik betont, keine Vergleiche zum Holocaust ziehen zu wollen - und tut es dann doch. Viele Muslime fühlten sich in Großbritannien angegriffen, sie seien "wie Fremde im eigenen Land".

Auch Deutschland als Ganzes war kürzlich Opfer eines kruden Nazi-Vergleichs als ...

Hans-Adam II. von Liechtenstein, dpa

Quelle: SZ

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... der damalige Fürst Hans-Adam II. von Liechtenstein die Bundesrepublik im September als "Viertes Reich" bezeichnet.

"In den vergangenen zweihundert Jahren haben wir immerhin schon drei Deutsche Reiche überlebt, und ich hoffe, wir werden auch noch ein viertes überleben", schreibt er in einem Brief an den Direktor des Jüdischen Museums in Berlin, Michael Blumenthal. Dieser hatte ihn um eine Leihgabe für die Ausstellung "Raub und Restitution" gebeten.

Einige Monate vorher hatte der Bundesnachrichtendienst durch die Hilfe eines Informanten Schwarzgelder deutscher Steuersünder in Liechtenstein gefunden und damit im Februar Diskussionen um die Finanzpolitik des Fürstentums ausgelöst.

Oskar Lafontaine, dpa

Quelle: SZ

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Altbundeskanzler Helmut Schmidt lässt sich 2008 dazu hinreißen, den damaligen Chef der Linkspartei, Oskar Lafontaine (Bild), zumindest indirekt in eine Reihe mit Hitler zu stellen.

Charisma allein mache noch keinen guten Politiker aus. "Auch 'Adolf Nazi' war ein charismatischer Redner. Oskar Lafontaine ist es auch."

Helmut Schmidt wird 95

Quelle: dpa

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Vielleicht war das eine späte Antwort auf einen lang zurückliegenden Angriff. Lafontaine - damals noch SPD-Mitglied - hatte 1982 in einem Interview gesagt: "Helmut Schmidt spricht weiter von Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. Das sind Sekundärtugenden. Ganz präzise gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben."

Martin Schulz, dpa

Quelle: SZ

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Nachdem der SPD-Europaparlamentarier Martin Schulz im Jahre 2003 den damaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi für dessen Umgang mit Justiz und Medien kritisiert hatte, bot ihm Berlusconi die Rolle als Aufseher ("Kapo") in einem KZ-Film an.

Diese vermeintlich ironische Aussage belastete die deutsch-italienischen Beziehungen so sehr, dass der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sogar seinen Italienurlaub absagte.

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Quelle: SZ

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Die Vorsitzende des Bund der Vertriebenen Erika Steinbach ist ebenfalls schon Opfer von Nazi-Vergleichen geworden. So zeigte sie das polnische Wochenmagazin Wprost als SS-Domina auf das Titelblatt - auf dem Rücken des damaligen Kanzlers Schröder.

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Quelle: Reuters

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Der frühere US-Präsident George W. Bush dürfte kaum zählen können, wie oft man ihn in seiner Amtszeit mit Hitler verglichen hat. Die Anwürfe kamen meist aus radikal-islamischen Kreisen oder von afrikanischen Diktatoren.

Doch auch die damalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin soll im September 2002 vor Gewerkschaftern gesagt haben, Bush wolle mit der Irak-Politik von innenpolitischen Problemen ablenken, das habe bereits Hitler so gemacht. Später bestritt sie den beabsichtigten Vergleich beider Politiker, schied aber dennoch aus dem Kabinett aus.

Den Rekord als Hitler-Vergleichs-Opfer ...

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Quelle: SZ

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... dürfte der Politiker Otto Schily halten: Als der damalige Bundesinnenminister im März 2005 die radikal-islamische türkische Zeitung Vakit in Deutschland verbieten ließ, nahm das Hetzblatt an sieben Tagen in Folge eine Schily-Fotomontage auf den Titel, mal mit Hakenkreuzbinde, mal mit "Heil-Otto"-Spruch, mal mit Hitlerbart. Der Vorfall führte zu diplomatischen Verwerfungen mit Ankara.

Foto: dpa

LABOUR-PARTEITAG TONY BLAIR MIT FRAU CHERIE

Quelle: DPA/DPAWEB

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Auch Tony Blair, britischer Ex-Premier, hat sich wegen seiner Irak-Politik Hitler-Vergleiche anhören müssen, unter anderem von Simbabwes Präsident Robert Mugabe, der sich aber auch schon selbst mit Hitler verglichen haben soll. Auch britische Befürworter der nun verbotenen Fuchsjagd zeigten auf einer Demonstration 2002 eine Blair-Karikatur - mit Seitenscheitel und Schnauzer.

German Chancellor Angela Merkel Visits The UK

Quelle: Getty Images

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Angela Merkel kann bei Hitler-Vergleichen mit den mächtigen Männern spielend mithalten. Sie sei eine "Rassistin, Faschistin" und ein "Überbleibsel der Nazis", sagte zum Beispiel der simbabwische Informationsminister Sikhanyiso Ndlovu über Merkel.

In der türkischen Presse wurde die Kanzlerin nach Verschärfung des Zuwanderungsrechts als "zweiter Hitler" bezeichnet, ein iranischer Militärsprecher glaubte, die Kanzlerin sehe sich "in kindlichen Träumen als Adolf Hitler".

Ein polnisches Wochenblatt druckte Merkel schon mit Schnauzbärtchen, und Venezuelas inzwischen verstorbener Staatspräsident Hugo Chávez verglich Merkel gleich mehrfach mit dem Nazi-Diktator.

Der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wiederum bemerkte 2006, Chávez sei "genau wie Adolf Hitler".

© SZ.de/liv/bavo/odg
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