Nato:Verständnis für Rumsfeld-Kritik an Belgien

Belgische Gerichte wollen über internationale Kriegsverbrecher urteilen. Donald Rumsfeld passt das nicht. Schließlich gibt es sogar schon eine Klage gegen Colin Powell. Von Generalsekretär Robertson und dem britischen Verteidigungsminister Hoon erhielt der US-Verteidigungsminister jetzt Unterstützung.

Nato-Generalsekretär George Robertson hat für die Kritik Washingtons am belgischen Gesetz zur Verfolgung von Kriegsverbrechen Verständnis gezeigt.

Es handele sich nicht nur um eine Angelegenheit zwischen den USA und Belgien, sagte Robertson am Freitag in Brüssel. Alle Mitgliedstaaten der Nato, aber zum Beispiel auch der Europäischen Union, müssten wissen, ob ihre Funktionäre ungehindert nach Brüssel reisen könnten. Er hoffe, dass darüber bald Klarheit hergestellt werde, sagte Robertson.

Auch der britische Verteidigungsminister Geoffrey Hoon erklärte, er habe Verständnis dafür, warum Rumsfeld seine Ablehnung der belgischen Gesetzgebung so "heftig" vorgetragen habe.

Anlass zu "erheblicher Beunruhigung"

Das Gesetz, in dem eine "universelle Zuständigkeit" der belgischen Gerichte für die Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgesehen sei, gebe Anlass zu "erheblicher Beunruhigung", fügte Hoon hinzu.

Nach belgischem Recht können belgische Gerichte schwere Verbrechen gegen Kriegsrecht oder Menschenrechte auch dann verfolgen, wenn weder die Tat noch die mutmaßlichen Täter etwas mit Belgien zu tun haben.

Da wegen dieses Gesetzes bereits Anzeigen gegen Ex-US-Präsident George Bush, den heutigen Vize-Präsidenten Dick Cheney, Außenminister Colin Powell und US-General Tommy Franks erstattet worden sind, hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mit einem Boykott von Nato-Treffen in Belgien gedroht.

Struck: "Theaterdonner"

Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) sagte am Freitagmorgen, er betrachte Rumsfelds Äußerungen als "Theaterdonner", den er für "nicht erforderlich" halte. Die Nato bleibe "in Brüssel gut aufgehoben".

Er rechne damit, dass sich die von Rumsfeld vorgetragenen Befürchtungen "irgendwann einmal erledigt haben werden", fügte Struck hinzu.

Der belgische Außenminister Louis Michel hat die Kritik am Gesetz zur Strafverfolgung von Kriegsverbrechen zurückgewiesen. Das Gesetz sei bereits verändert worden, um politisch motivierte Klagen gegen amerikanische Kommandeure und Politiker zu verhindern.

"Ich möchte für Herrn Rumsfeld noch einmal wiederholen, dass Belgien das Kriegsverbrechergesetz geändert hat", sagte Michel dem Radiosender VRT. "Wir habe es geändert, um die Befürchtungen unserer amerikanischen Freunde zu zerstreuen."

Wenn bereits über eine Verlegung des Nato-Sitzes an einen Standort außerhalb Belgiens spekuliert werde, so widerspreche dies dem "Lauf der Geschichte". Gerade in der letzten Zeit habe sich gezeigt, welche "Synergien" daraus entstünden, dass Brüssel gleichzeitig Sitz der Nato und der Instanzen der Europäischen Union sei.

(sueddeutsche.de/dpa/AP/AFP)

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