Nahrungsmittelkrise:Mit mehr Geld gegen den Hunger

"Konzertierte Aktion": Angesichts der weltweit steigenden Lebensmittelpreise erhöhen Deutschland und die USA ihre Zahlungen an das UN-Welternährungsprogramm.

Angesichts der global eskalierenden Lebensmittelkrise hat Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul eine weitere Erhöhung der Mittel für das UN-Welternährungsprogramm angekündigt.

Nahrungsmittelkrise: Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

(Foto: Foto: Reuters)

"Wir finanzieren das Programm regulär mit 23 Millionen Euro, haben im März bereits zusätzlich drei Millionen Euro zu Verfügung gestellt und werden diese Summe noch einmal um zehn Millionen Euro erhöhen", sagte die SPD-Politikerin der Berliner Zeitung. Der Nothilfe müssten aber mittel- und langfristige Maßnahmen folgen.

Nicht nur die internationalen Geber, sondern auch die von der Nahrungsmittelknappheit und dem Preisanstieg betroffenen Länder müssten wieder stärker in die Landwirtschaft investieren und ihre Nahrungsmittelproduktion erhöhen, forderte Wieczorek-Zeul. Außerdem sollte diese Krise als Anlass genommen werden, die Agrarexportsubventionen abzuschaffen.

"Sie sind ein Hemmnis und demotivierend für die Bauern in Entwicklungsländern", sagte die Ministerin. Mit Blick auf den Haushaltsstreit mit Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte sie: "Entweder wir finanzieren Präventionsmaßnahmen oder müssen später Milliarden Beträge ausgeben, um Schäden zu beseitigen."

Steinbrück versicherte, Deutschland werde sich "einem solchen Krisenmanagement nicht entziehen". Die Summe sei allerdings noch offen.

Steinbrück befürchtet Konflikte

Am Rande der Tagung von Weltbank und Internationalem Weltwährungsfonds in Washington sagte der Finanzminister, einer der Gründe für Nahrungsmittelknappheit sei die Bio-Treibstoff-Produktion, die in vielen Ländern zu Lasten des Getreideanbaus gehe: "Ich glaube, dass wir da auf Konflikte hinauslaufen", warnte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk.

Auch die USA stocken ihre Zuschüsse an das Welternährungsprogramm auf. Sie stellen 200 Millionen Dollar Dollar (126 Millionen Euro) Soforthilfe zur Sicherung der Lebensmittelversorgung in den ärmsten Ländern bereit, teilte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, mit.

Präsident George W. Bush habe Landwirtschaftsminister Ed Schafer angewiesen, die 200 Millionen aus einem Sonderfonds des Ministeriums für Lebensmittelreserven zu entnehmen. Perino verwies auch darauf, dass die Vereinigten Staaten schon jetzt mehr Lebensmittelhilfe leisteten, als jedes andere Land in der Welt.

Zuvor hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zur Abwehr der global eskalierenden Lebensmittelkrise umfassende internationale Anstrengungen gefordert. Auch Weltbank-Präsident Robert Zoellick forderte am Wochenende die Regierungen in aller Welt auf, bis zum 1. Mai für das UN-Ernährungsprogramm 500 Millionen Dollar (fast 320 Millionen Euro) bereitzustellen.

Ban sagte, der Notfall sei bereits eingetreten und drohe sieben Jahre Fortschritt bei der Bekämpfung der globalen Armut zunichtezumachen. Es gehe nicht nur um eine Sicherung der Lebensmittelversorgung von Menschen, die sich wegen der steigenden Preise nichts mehr zu essen kaufen könnten.

"Die internationale Gemeinschaft muss auch eine dringliche und konzertierte Aktion ergreifen, um größere politische und soziale Auswirkungen dieser wachsenden Krise zu verhindern", sagte der UN-Generalsekretär. Die Verdoppelung der Lebensmittelpreise in den vergangenen drei Jahren könnte nach Schätzung der Weltbank 100 Millionen Menschen in armen Ländern noch tiefer in die Armut stürzen.

Globale Agrarreform notwendig

Ein Ausweg aus der Ernährungskrise ist nach Einschätzung des Weltlandwirtschaftsrates (IAASTD) nur durch eine Stärkung der natürlichen Produktion möglich. Zu dem Ergebnis kommt das Gremium aus rund 400 Experten, Regierungs- und Industrievertretern, dessen Bericht am Dienstag bei der Unesco in Paris vorgestellt werden sollte.

Unter dem Eindruck der Hungerrevolten von Haiti bis Ägypten sieht der IAASTD, der 2002 auf dem Entwicklungsgipfel in Johannesburg gegründet wurde, eine dringende Notwendigkeit für eine globale Agrarreform. Der Intensivanbau in Monokulturen mit hohem Einsatz an Kapital und Energie ist aus Sicht des Weltlandwirtschaftsrates an seine Grenzen gestoßen. Er fordert deswegen den "Erhalt und die Erneuerung der natürlichen Ressourcen und den ökologischen Anbau".

Zoellick hatte bereits am Sonntag ein rasches und entschlossenes internationales Vorgehen gefordert. Der Sturz der Regierung in Haiti nach Protesten gegen gestiegene Lebensmittelpreise habe gezeigt, wie wichtig ein entschlossenes Handeln sei. Die Weltbank habe Haiti weitere zehn Millionen Dollar für Lebensmittelhilfen zugesagt, andere sollten diesem Schritt folgen, sagte Zoellick.

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