Nahostkonflikt:Vier Tote bei Kampf um einen Baum

An der Grenze zwischen Israel und Libanon ist es zu den heftigsten Gefechten seit Ende des Krieges 2006 gekommen. Vier Menschen sterben, der UN-Sicherheitsrat tagt.

Vier Jahre nach dem Libanonkrieg sind die Spannungen mit Israel erneut auf gefährliche Weise eskaliert. Bei heftigen Kämpfen an der gemeinsamen Grenze wurden am Dienstag drei Libanesen und ein israelischer Reserveoffizier getötet. Ein israelischer Hauptmann erlitt zudem lebensgefährliche Verletzungen, wie die Armee mitteilte. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beriet in einer nichtöffentlichen außerordentlichen Sitzung über den Vorfall - der amtierende Sicherheitsrat Präsident Witali Tschurkin aus Russland rief beide Staaten anschließend zu "äußerster Zurückhaltung" auf.

Nahostkonflikt: Sanitäter bergen die Leiche des Journalisten Assaf Abu Rahal, der bei den Feuergefechten an der israelisch-libanesischen Grenze getötet wurde.

Sanitäter bergen die Leiche des Journalisten Assaf Abu Rahal, der bei den Feuergefechten an der israelisch-libanesischen Grenze getötet wurde.

(Foto: AP)

Die stundenlangen Gefechte, bei denen Israel nach Angaben aus Beirut auch Kampfhubschrauber und Artillerie einsetzte, flauten im Tagesverlauf wieder ab. Es waren die schwersten Kämpfe zwischen den beiden Nachbarländern seit dem Sommerkrieg 2006. Auf libanesischer Seite starben zwei Soldaten und ein Journalist.

Widersprüchliche Berichte über den Auslöser der Gewalt

Israel und die libanesische Hisbollah-Miliz hatten sich im Sommer 2006 einen einmonatigen Krieg geliefert. Auslöser war die Verschleppung zweier israelischer Soldaten durch die Hisbollah. Der Krieg wurde durch Vermittlung der Vereinten Nationen beendet. Es ist sehr ungewöhnlich, dass es an der Grenze zu Kampfhandlungen zwischen Israel und der libanesischen Armee kam - sonst ist nur Hisbollah an derartigen Scharmützeln beteiligt. Von beiden Seiten gab es widersprüchliche Berichte über den Auslöser der neuen Gewalt.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Nach Darstellung Beiruts soll eine israelische Einheit nahe dem Ort Adisseh auf libanesisches Gebiet vorgedrungen sein, um dort im Feuerschutz eines Panzers einen Baum zu fällen. Die libanesischen Streitkräfte hätten Warnschüsse abgegeben, worauf die Israelis gezielt zurückgeschossen hätten. Ein israelischer Armeesprecher entgegnete, die israelischen Soldaten seien zuerst beschossen worden, obwohl sie die Grenzlinie nicht überschritten hätten. Israels Militär warf der libanesischen Armee "gezielte Provokation" vor. Routinearbeiten an der Grenze seien mit der UN-Militärmission im Libanon (Unifil) abgesprochen gewesen.

UN ruft zur Mäßigung auf

Nach Augenzeugenberichten dauerten die Kämpfe vier Stunden. Am Nachmittag stellte sich demnach in Adisseh wieder Ruhe ein. Geflüchtete Bewohner kehrten wieder zurück. Bei den Gefechten wurde ein Haus in Adisseh von einer israelischen Panzergranate getroffen. Ein Journalist der Tageszeitung Al-Akhbar, die der Hisbollah nahesteht, wurde getötet. Ein Reporter des Fernsehsenders Al-Manar erlitt Verletzungen.

Der libanesische Präsident Michel Suleiman verurteilte die israelische Militäraktion als "Verstoß" gegen die zum Ende des Libanon-Kriegs 2006 erlassene UN-Resolution 1701. Der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri, der in Italien im Urlaub weilte, warf Israel "Aggression" und "Verletzung der Souveränität des Libanons" vor. Das israelische Außenministerium teilte mit, man sehe den Vorfall seinerseits als "klaren Verstoß" gegen die UN-Resolution 1701.

Israel betrachte die libanesische Regierung als verantwortlich für den Zwischenfall und warnte vor "Konsequenzen", sollten die Verstöße sich wiederholen. Unifil rief beide Seiten zur Mäßigung auf. "Unsere Friedenssoldaten versuchen die Ruhe in der betroffenen Region wiederherzustellen, denn das ist unsere Hauptaufgabe", erklärte der UNIFIL-Sprecher Neeraj Singh in Beirut.

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