Nahost-Konflikt:USA lassen Forderung nach Siedlungsstopp fallen

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Außenministerin Hillary Clinton nennt Jerusalems Zugeständnisse "einmalig" - und verärgert damit die Palästinenser.

Peter Münch

US-Außenministerin Hillary Clinton ist in ihrem Bemühen, die Nahost-Friedensgespräche wieder in Gang zu bringen, der israelischen Regierung weit entgegengekommen. Bei einem Treffen mit Premierminister Benjamin Netanjahu in Jerusalem lobte sie dessen Zugeständnisse in der umstrittenen Frage des Siedlungsbaus als "bisher einmalig".

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und US-Außenministerin Hillary Clinton in Jerusalem (Foto: Foto: dpa)

Forderungen der Palästinenser, die erst an den Verhandlungstisch zurückkehren wollen, wenn Israel den Siedlungsbau komplett stoppt, wies Clinton im Schulterschluss mit Netanjahu zurück. Palästinenser-Präsident Machmud Abbas, den die amerikanische Außenministerin wenige Stunden zuvor in Abu Dhabi getroffen hatte, zeigte sich enttäuscht.

Es war der erste Besuch Clintons in Israel seit dem Amtsantritt der rechtsgerichteten Regierung von Netanjahu im März - und er könnte einen Schwenk in der amerikanischen Nahost-Politik markieren. Denn bis vor wenigen Wochen hatte Präsident Barack Obama darauf bestanden, Israel müsse alle Aktivitäten beim Siedlungsbau umgehend einfrieren.

"Strategische Geduld"

Nun zeigte sich seine Außenministerin in Jerusalem ausdrücklich zufrieden mit Netanjahus Ankündigung, dass Israel beim Siedlungsbau zu "Einschränkungen" bereit sei. Der Premierminister versprach beim gemeinsamen Presseauftritt mit Clinton, dass "keine neuen Siedlungen gebaut" werden. Er beharrte jedoch darauf, dass den Bewohnern der bestehenden Siedlungen "ein normales Leben" möglich gemacht werden müsse.

Dies bedeutet den Ausbau bestehender Siedlungen; derzeit sind etwa 3000 Wohneinheiten im Bau. Im besetzten Westjordanland leben ungefähr 300.000 israelische Siedler, in Ost-Jerusalem noch einmal 200.000.

Clinton und Netanjahu forderten beide eine schnelle Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den Palästinensern, die seit dem Gaza-Krieg zu Jahresbeginn blockiert sind. "Die schlichte Wahrheit ist: Wir sind bereit zu Friedensgesprächen ohne Vorbedingungen, die andere Seite ist es unglücklicherweise nicht", sagte Netanjahu. Clinton sprach angesichts der erfolglosen Bemühungen der vergangenen Monate von "strategischer Geduld", die sie und der in ruhelose Pendeldiplomatie verstrickte US-Sondergesandte George Mitchell nun aufbringen müssten. Derzeit allerdings scheinen die Bemühungen in einer Sackgasse zu stecken.

Beim Treffen in Abu Dhabi war es Clinton nicht gelungen, Machmud Abbas zu Zugeständnissen zu bewegen. Denn der Palästinenser-Präsident hat aus innenpolitischen Gründen kaum Bewegungsspielraum. Für den 24. Januar hat er gegen den Willen der im Gaza-Streifen regierenden Hamas Präsidentschafts- und Parlamentswahlen angesetzt. Im Wahlkampf darf er sich kein Anzeichen von Schwäche leisten. Eine Rückkehr an den Verhandlungstisch ohne die Erfolgsmeldung eines vorherigen Siedlungsstopps würde ihm jedoch als weiteres Einknicken gegenüber den USA und Israel ausgelegt.

Abbas muss also Stärke demonstrieren, und die Regierung in Washington kann keinen Druck ausüben, weil es ihr erklärtes Ziel ist, ihn zu stützen. Ein Sprecher von Abbas erklärte, "es könne keine Entschuldigung für die Fortsetzung des Siedlungsbaus geben, der das Haupthindernis auf dem Weg zu einem glaubwürdigen Friedensprozess ist". Ein Hamas-Vertreter sagte, Clintons Mission sei von vornherein "zum Scheitern verurteilt", so lange seine Organisation als politische Kraft ignoriert würde.

Am Sonntag traf Hillary Clinton in Marokko ein, wo sie an einer internationalen Konferenz teilnehmen und mit arabischen Außenministern zusammenkommen wollte, um weiter für neue Friedensverhandlungen zu werben. In Jerusalem sagte unterdessen der israelische Außenminister Avigdor Lieberman in einem Interview mit dem Armee-Rundfunk, er glaube nicht mehr daran, dass "in den nächsten Jahren ein umfassender Friede mit den Palästinensern erreichbar" wäre.

© SZ vom 02.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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