Nahost-Konflikt:Hamas und Fatah sondieren Versöhnungs-Chancen

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In gespannter Atmosphäre: Die Gespräche zerstrittener Palästinenser über eine Einheitsregierung. Das Verhältnis untereinander ist zerrüttet.

T. Schmitz

Die rivalisierenden Palästinenser-Gruppen haben am Dienstag in Kairo mit Beratungen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit begonnen. Die Gespräche, für die bereits fünf Arbeitsgruppen gebildet wurden, sollen nach Angaben Ägyptens, das als Vermittler fungiert, bis zum Monatsende andauern.

Die rivalisierenden Palästinenser-Gruppen Hamas und Fatah haben in Kairo mit Beratungen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit begonnen. (Foto: Foto: Reuters)

Besonders schwierig dürften die Verhandlungen über die Aussöhnung zwischen der Fatah-Fraktion von Palästinenserpräsident Machmud Abbas und der radikal-islamischen Hamas werden. Die Fatah kontrolliert das Westjordanland, die Hamas seit ihrer Machtübernahme vor 18 Monaten den Gaza-Streifen.

Die Delegation der Hamas in Kairo wird von deren Vize-Politbürochef Mussa Abu Marsuk und vom früheren Außenminister Mahmud al-Sahar geleitet. Marsuk lebt im syrischen Damaskus, Sahar im Gaza-Streifen. Im israelischen Rundfunk hieß es, der Beginn der Versöhnungsgespräche zwischen Hamas und Fatah sei zunächst schleppend verlaufen, weil die Fatah-Organisation von Abbas nicht die Forderung der Hamas erfüllt habe, 350 Hamas-Mitglieder freizulassen, die im Westjordanland inhaftiert sind.

Ein Fatah-Vertreter sagte in Kairo, das Geld der Geberstaaten zum Wiederaufbau des Gaza-Streifens sei kein "Kuchen, über den nun alle herfallen können". Allen Palästinenserfraktionen müsse klar sein, dass das Geld nach den Plänen der Geberländer und "unter Aufsicht" der neuen Einheitsregierung verteilt würde. Bei einer internationalen Geberkonferenz im ägyptischen Scharm el- Scheich Anfang März waren den Palästinensern etwa 4,2 Millionen US-Dollar für den Wiederaufbau des Gaza-Streifens versprochen worden.

Während der israelischen Offensive im Dezember und Januar waren im Gaza-Streifen mehr als 20000 Häuser ganz oder teilweise sowie Wasser- und Stromleitungen zerstört worden. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden mehrere Tausend palästinensische Familien obdachlos.

Die Armee war in den Gaza-Streifen einmarschiert, um den fortdauernden Beschuss Israels mit Raketen aus dem Gaza-Streifen zu stoppen und eine Freilassung des entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit zu erzielen. Überschattet werden die Gespräche in Kairo auch durch Vorwürfe der palästinensischen Terrorgruppe Islamischer Dschihad gegen die Hamas.

Wie die arabische Zeitung Al-Sharq Al-Awsat am Dienstag berichtete, haben Angehörige des Innenministeriums der Hamas-Regierung im Gaza-Streifen Dschihad-Mitglieder gefoltert, um sie zu zwingen, ihre Raketenangriffe auf Israel einzustellen.

Hamas hat an Beliebtheit gewonnen

Die Hamas hat unter den Palästinensern seit dem Gaza-Krieg deutlich an Beliebtheit gewonnen. Dies geht aus einer Umfrage unter mehr als 1200 Palästinensern im Gaza-Streifen und im Westjordanland hervor. Demnach würde Hamas-Chef Ismail Hanijeh bei einer Präsidentenwahl 47 Prozent der Stimmen erhalten.

Amtsinhaber Machmud Abbas von der Fatah käme auf 45 Prozent, wie eine palästinensische Forschungsgruppe mitteilte. Drei Monate zuvor habe Hanijeh bei 38 und Abbas bei 48 Prozent gelegen. Die Fatah bleibe mit 40 Prozent beliebteste Partei vor der Hamas mit 33 Prozent. Auch hier holten die Islamisten auf.

Die Eltern des entführten Soldaten Gilad Schalit, die seit Sonntag in einem Zelt vor dem Amtssitz des amtierenden Premierministers Ehud Olmert campieren, haben erklärt, sie würden so lange ausharren, bis ihr Sohn frei sei. Schalit war 2006 von der Hamas in den Gaza-Streifen verschleppt worden. Gespräche über eine Freilassung sind bislang an der Forderung von Hamas gescheitert, in Israel einsitzende Hamas-Mitglieder freizulassen, die in Terroranschläge verwickelt waren.

© SZ vom 11.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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